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Sportchef Elsad Zverotic sieht Aarau nicht ohne Chance gegen Luzern

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Sportchef Elsad Zverotic sieht Aarau nicht ohne Chance gegen Luzern

15. September 2024, 04:31 Uhr
Elsad Zverotic ist seit Anfang Jahr Sportchef beim FC Aarau
© Handout FC Aarau
Seit knapp einem Jahr ist Elsad Zverotic Sportchef in Aarau. Vor dem Cup-Duell gegen Luzern spricht der 37-Jährige mit Keystone-SDA über den Reiz klammer Kassen, grosse Spiele und das Trauma von 2019.

Elsad Zverotic, am Sonntag steht für den FC Aarau der Cup-Sechzehntelfinal gegen Luzern an. Haben Sie sich über die Auslosung gefreut oder hätten Sie lieber einen anderen Gegner zugelost erhalten?

«Es ist ein cooles Los, das Stadion wird voll sein. Für uns ist es ein riesiges Erlebnis, gegen ein Team aus der Super League zu spielen. Es wird hart. Luzern ist brutal im Flow.»

Sie haben für beide Vereine gespielt, waren von 2008 bis 2011 für den FC Luzern aktiv und spielten von 2018 bis zu ihrem Karriereende 2021 für den FC Aarau. Was löst die Affiche in Ihnen aus?

«Ich hatte eine schöne Zeit in der Innerschweiz, auch wenn es am Anfang hart und turbulent war mit der Rettung in der Barrage. Doch dann ging es stetig aufwärts, für den Verein, aber auch für mich. Dass ich mich nun mit jenem Klub messen kann, der mir einst die Chance gegeben hat, in der Super League Fuss zu fassen, ist sehr schön.»

Gibt es Parallelen zwischen den Klubs?

«Ich finde es heikel, Vereine zu vergleichen. Jeder ist anders, hat seine eigene Philosophie und seine eigenen Möglichkeiten. Jeder Klub sollte seinen eigenen Weg gehen.»

Wie sieht der Weg aus, den Sie mit Aarau gehen möchten?

«Wir wollen Spieler entwickeln und erfolgreich sein.»

Letzteres klappt noch nicht in dieser Saison. Nach sechs Spieltagen stehen erst fünf Punkte, aber bereits drei Heimniederlagen auf dem Konto. Der FC Aarau liegt auf dem vorletzten Platz der Challenge League.

«Punktemässig war der Start sicher nicht zufriedenstellend. Wir hatten diesen Sommer einen grossen Umbruch. Ich habe es schon vor der Saison gesagt: Die Entwicklung wird Zeit in Anspruch nehmen, die Rädchen werden nicht von Anfang an ineinander greifen.»

Sie gaben im Sommer keinen Franken für Ablösesummen aus. Wie schwierig ist es, ohne Geld eine funktionierende Mannschaft zusammenzustellen?

«Es ist eine Herausforderung, aber ich finde es geil (lacht). Du musst flexibel und kreativ sein. Was kann zusammenpassen, wo gibst du für einen Spieler mal mehr aus, wo weniger? Aber klar, man überlegt immer zweimal, bevor man einen Spieler verpflichtet. Es ist ein ständiges Abwägen.»

Neun Spieler haben den Verein verlassen, elf Akteure sind gekommen, unter ihnen Stammkräfte aus der Challenge League und mit Raul Bobadilla ein Spieler mit Erfahrung aus höheren Ligen. Eigentlich verfügt Aarau über ein gutes Kader, mit dem nach zehn Jahren in der Challenge League der Aufstieg ein Thema sein müsste.

«Wie gesagt, es braucht Zeit, um etwas zu entwickeln. Wir sind überzeugt, dass wir in die Erfolgsspur finden.»

Mit Trainer Brunello Iacopetta, der erst seit Sommer an der Seitenlinie steht?

«Wir sind sehr zufrieden mit seiner Arbeit. Er ist ein engagierter Trainer, der Erfolg will und einen klaren Plan verfolgt.»

Von seiner Handschrift, die in den vergangenen Jahren der FC Wil trug, ist in Aarau aber noch nicht viel zu sehen.

«Vielleicht noch nicht auf lange Distanz. Aber in einzelnen Spielphasen schon. Jetzt gilt es, das auf längere Zeit auf den Platz zu bringen. Ich wiederhole mich: Es braucht Zeit. Auch in Wil hat Brunello diese gebraucht. Die Spieler müssen den neuen Trainer und dessen Philosophie erst kennenlernen.»

Wie gut hat diesbezüglich die Nationalmannschaftspause getan? Oder wäre es für euch besser gewesen, nach dem verlorenen Spiel gegen Bellinzona gleich wieder spielen zu können?

«Am liebsten hast du nach einer Niederlage gleich wieder ein Spiel, um eine Reaktion zu zeigen. In unserem Fall aber hatte die Pause sicherlich auch etwas Gutes. Spieler, die von Verletzungen zurückgekommen sind, konnten einen sauberen Aufbau machen, der Trainer hatte Zeit, um mit dem Kader zu arbeiten.»

Die grössten Erfolge des FC Aarau liegen weit zurück. Der letzte von drei Meistertiteln wurde 1993 gefeiert, der einzige Cupsieg datiert von 1985. Ist die Geschichte des Klubs Bürde oder Ansporn für die heutige Mannschaft?

«Für einen Spieler ist es cool, bei einem Verein zu spielen, über den gesprochen wird, der ambitioniert ist, bei dem man sich zeigen kann. Die Titel sind Vergangenheit. Der Fokus gilt der Gegenwart und der Zukunft. Wir wollen gemeinsam eine neue Geschichte schreiben.»

Am 12. Oktober feiert der FC Aarau das 100-jährige Bestehen des Brügglifelds. Mit dem Partnerverein FC Schalke gastiert zum Jubiläum ein grosser Name in Aarau, der in den letzten Jahren abgestürzt ist und dessen Rückkehr in die höchste Spielklasse wohl auf absehbare Zeit Wunschdenken bleibt. Man könnte auch sagen, ihr seid Brüder im Geiste.

«Schalke hat eine schwierige Zeit durchlebt in den letzten Jahren. Aber vergleichen kann man die Situation der beiden Vereine nicht. Wir bestreiten die zehnte Saison in der Challenge League, Schalke ist erst im zweiten Jahr in der 2. Bundesliga.»

Während in Gelsenkirchen eine der modernsten Arenen Europas steht, kämpfen die Verantwortlichen des FC Aarau seit mehr als 20 Jahren um ein neues Stadion. Verlorene Abstimmungen und Einsprachen verhinderten und verzögerten mehrere Projekte. Nun soll im Rahmen des Projekts «Torfeld Süd» ein Stadion mit 10'000 Plätzen entstehen, das mit drei Hochhäusern als Mantelnutzung querfinanziert wird. Wie fortgeschritten sind die Planungen?

«Geplant wäre gewesen, in zwei bis drei Jahren im neuen Stadion zu spielen. Leider hat es auch beim neusten Projekt Einsprachen gegeben, was den Bau erneut verzögert. Vielleicht spielen wir 2030 im neuen Stadion, vielleicht dauert es auch noch länger. Eine Prognose zu wagen, ist schwierig.»

Wie oft denken Sie noch an den 2. Juni 2019 zurück?

«Weniger als früher.»

Nach einem 4:0 im Barrage-Hinspiel in Neuenburg schien die Rückkehr des FC Aarau in die Super League nur noch Formsache. Doch Sie und Ihre Teamkollegen brachen im Rückspiel ein, verspielten den komfortablen Vorsprung und unterlagen im Penaltyschiessen, in welchem Sie als einziger Schütze nicht trafen.

«Fussball ist manchmal speziell und nicht voraussehbar. Es ist schwierig zu sagen, wie das passieren konnte. Das erste Gegentor kam zu früh, dann haben wir bei zwei Cornern nicht gut verteidigt. Und plötzlich kommt der Kopf ins Spiel, du kannst plötzlich etwas verlieren. Leider ist es so gekommen, wie es gekommen ist. Es war ein Match, der uns allen und mir persönlich noch lange zu schaffen gemacht hat. Ich fühlte mich einige Monate extrem leer.»

Sowieso scheint das Brügglifeld dem FC Aarau nicht sonderlich Glück zu bringen in den grossen Spielen. Vor drei Jahren hatte man die Chance, zum ersten Mal seit 1989 in den Cupfinal einzuziehen. Doch der Halbfinal ging, mit ihnen auf der Bank, 1:2 verloren - gegen Luzern. Ist dieses Spiel Thema in der Vorbereitung auf Sonntag?

«Nein. Bei beiden Teams hat sich seither viel verändert. Es ist ein komplett neues Spiel.»

Wie gross sind die Chancen, dass der unterklassige FC Aarau dem FC Luzern ein Bein stellen kann?

«Der FC Luzern ist klarer Favorit. Aber der Cup hat seine eigenen Regeln. Im Fussball weiss man nie, was kommt, das wissen wir aus eigener Erfahrung. Wenn die Mannschaft zeigt, was in ihr steckt, dann ist vieles möglich. Es gibt nichts zu verlieren, aber etwas zu gewinnen.»

Quelle: sda
veröffentlicht: 15. September 2024 04:31
aktualisiert: 15. September 2024 04:31