Servettes falsches Gesicht
Genève-Servette gab die Meisterkrone nicht kampflos ab. Im letzten Drittel warfen die Grenat im Bieler Eisstadion noch einmal alles in die Waagschale. Ein Tor von Valtteri Filppula wurde zurecht nicht anerkannt, weil er die Hand zuhilfe genommen hatte. Marc-Antoine Pouliot traf nur die Latte. Und Harri Säteri im Tor der Bieler war noch einmal ein unüberwindliches Bollwerk. Am Ende stand für den nun abtretenden Meister ein 2:2 unentschieden, das eine Niederlage war, weil man das Hinspiel in Genf 2:3 verloren hatte.
Servette verspielte die Playoff-Qualifikation aber nicht in den beiden intensiven und emotionsgeladenen Spielen des Play-In gegen Biel, das man vor gut zehn Monaten noch in einer begeisternden Finalserie über sieben Spiele niedergerungen hatte. Vielmehr hatte man sich in den 52 Partien der Qualifikation, die man nur im 10. Rang beendete, eine Grube gegraben, aus der man sich nicht mehr befreien konnte. Oder wie es Coach Jan Cadieux ausdrückte: «Wir waren am Anfang der Saison nicht bereit, den Preis zu bezahlen, den es braucht», betonte er in der Analyse bei MySports.
Ungewohnte Doppelbelastung
Am Ende lässt sich das überraschende Scheitern Servettes an drei Punkten festmachen. Am stärksten ins Gewicht fallen die Verletzungen. Mit Tanner Richard, der für den Final in der Champions League fitgespritzt worden war, und Noah Rod fehlten in der entscheidenden Phasen die beiden wichtigsten Schweizer Angreifer. Die Verletzungen könnten eine Folge der Doppelbelastung mit der Champions League sein, in der man so erfolgreich für Furore sorgte. Immerhin bekundeten auch die weiteren international engagierten Biel (9. der Qualifikation) und Rapperswil-Jona Lakers (12.) grosse Mühe.
Eine Begründung, die aber weder Spieler noch Coach gelten lassen wollten. «Natürlich haben wir etwas mehr gespielt als in der letzten Saison», stellte der finnische Starstürmer Valtteri Filppula fest. «Aber ich fühlte mich nicht müde.» Sie hätten gegen Biel gut gespielt, meinte der bald 40-jährige Olympiasieger, Weltmeister und Stanley-Cup-Champion. «Wir hatten unsere Chancen, aber es hat heute einfach nicht sein sollen.»
Zu Beginn nicht bereit
«Wir haben die Punkte im November/Dezember liegen gelassen», betonte auch Jan Cadieux. «Und da hatten wir noch Energie.» Der Trainer strich aber auch heraus, dass man zusammen viel erreicht habe. «Wir dürfen nicht vergessen, was die Spieler in den letzten zwölf Monaten geleistet haben.» Letztlich gelang es aber nicht, den Schalter nach der Euphorie im April mit dem ersten Meistertitel der Klubgeschichte wieder für den Alltag umzulegen. Deshalb stellte Cadieux auch fest: «Wir haben dieses Jahr etwas gelernt. Nämlich, dass wir nicht von Anfang an bereit waren.» Das mag es in dieser ausgeglichenen Liga nicht leiden.
Die Doppelbelastung mit der Champions League hat Servette auch in der nächsten Saison. Die Erwartungen werden aber etwas tiefer sein und der Erfolgshunger vielleicht wieder vom ersten Spieltag an da. Auf jeden Fall wird es im etwas überalterten Kader zu einigen Veränderungen kommen. Die Verträge der Finnen-Troika im Angriff mit den deutlich über 30-jährigen Filppula, Teemu Hartikainen und Sakkari Manninen laufen aus.
Die Frage ist, welches Gesicht die Genfer dann zeigen werden. Das strahlende, mit dem man im letzten Jahr Meister wurde und das heuer zum ersten Schweizer Triumph seit der Wiedereinführung der Champions League führte. Oder wie oft in der Meisterschaft das blasse. «Über einen grossen Teil der Saison haben wir nicht unser richtiges Gesicht gezeigt», stellt Jan Cadieux fest. «Und das ist es, was mich ärgert. Ich bin überzeugt, dass wir mehr können.»