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«Reis und Honig um 5 Uhr - man gewöhnt sich daran»

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«Reis und Honig um 5 Uhr - man gewöhnt sich daran»

31. Juli 2024, 12:43 Uhr
Julie Derron merkte auf der zweiten von vier Runden im abschliessenden Laufen, dass eine Olympiamedaille möglich sein könnte
© KEYSTONE/ANTHONY ANEX
Nach ihrer für die meisten überraschend gewonnenen Silbermedaille im olympischen Triathlon spricht Julie Derron über ihre Vorahnung, ihr Frühstücksritual, ihre Ohrstecker und ihre Mutter.

Eng ist es in der Medienzone auf der historischen Pariser Brücke Alexandre III. Alle wollen etwas von der Silbermedaillengewinnerin Julie Derron. Die 27-jährige Zürcherin strahlt übers ganze Gesicht und erlaubt einen tiefen Einblick in ihre Gefühle.

Julie Derron, das war wohl ein perfekter Tag heute?

«Ja, ich glaube, ich hatte wirklich das perfekte Rennen heute. So ganz eingesunken ist die Silbermedaille noch nicht. Es ist unglaublich, ich bin extrem stolz, wir haben als Team so hart gearbeitet.»

Wann haben Sie gemerkt, dass die Medaille möglich würde?

«Nach etwa zwei Runden beim Laufen, als ich immer noch in der Spitzengruppe war. Wir waren zu viert, also eine kriegt keine Medaille. Ich habe mir gesagt: Das bin nicht ich. Ich fühlte mich immer noch gut nach zwei Runden. Der Gameplan war immer ein gutes Tempo, und dann in der zweiten Hälfte zu beschleunigen. Es hat geklappt, ich konnte zwei der anderen Athletinnen abhängen.»

Haben Sie selber dieses Resultat erwartet?

«Vor etwa drei, vier Wochen habe ich Brett (Sutton, ihr Trainer) gesagt, ich habe das Gefühl, ich könnte eine Medaille gewinnen. Ok, haben wir uns gesagt, wir nehmen das Gefühl an, denken nicht mehr darüber nach und fokussieren uns auf den Wettkampf. Ich wusste, was ich kann, dass ich in Form bin. Es ist aber immer eines, in Form zu sein und dann am Tag X auch abliefern zu können. Dass mir das gelungen ist, macht mich extrem stolz.»

Sie haben kleine Pistolen als Ohrstecker. Was hat es damit auf sich?

(lacht) «Als ich mit Brett Sutton vor etwa acht Jahren angefangen habe, sagte er mir ich sei eine ‹little pistol› (kleine Pistole), weil ich noch keine Gun (Gewehr) - noch nicht gut genug - sei.»

Dann haben Sie sich diese gekauft?

«Ich habe sie von meinem Coach als Glücksbringer bekommen. Jetzt bin ich nicht mehr ‹little›, nur noch ‹pistol›.» (lacht)

Wann sind Sie aufgestanden?

«Um 4 Uhr hat der Wecker geklingelt. Um halb 4 entscheiden sie am Renntag jeweils, was passiert. Ich habe auf das Mail geschaut und wusste: Go!»

Sie haben Ernährungswissenschaften studiert. Hilft das bei der Auswahl des Frühstück so früh am Morgen?

«Natürlich versucht man vieles aus. Als Athlet muss man herausfinden, was einem am meisten bringt. Das Studium hat mir da nicht unbedingt geholfen, aber es war sicher ein guter Ausgleich.»

Was gab es denn zum Frühstück?

«Reis und Honig. Man gewöhnt sich als Athlet daran, um 5 Uhr morgens Reis zu essen.»

Wie haben Sie die Diskussion um die Wasserqualität verfolgt?

«Es ist etwas, das wir nicht beeinflussen können. Wir müssen einfach abwarten, was der Entscheid ist. Am Wettkampftag denkt man da nicht darüber nach. Die Strömung war recht stark, das war eine Herausforderung.»

Das Schwimmen ist dann sehr gut gegangen.

«Ich hätte noch ein paar Sekunden früher aus dem Wasser kommen können. Ich musste nach der zweiten Boje extrem kämpfen und hatte Anfang der zweiten Runde ein kleines Loch. Da musste ich extrem viel investieren, damit ich in oder gleich am Ende der ersten Gruppe rauskomme. Da wusste ich, das ist der entscheidende Moment. Ich musste nahe genug sein, um im Velo aufschliessen zu können. Das hat sicher mein Rennen entschieden.»

Wie sehr mussten Sie auf dem Rad aufpassen? Es gab doch einige Stürze.

«Es war sicher nicht so einfach, aber ich vertraue auf meine gute Technik und habe mir keine Sorgen gemacht. Ich wusste auch, je härter es auf dem Velo sein wird, umso besser bin anschliessend im Laufen, weil wir das im Training immer forcieren.»

Vor drei Jahren waren Sie knapp nicht für Tokio qualifiziert.

«Ich weiss, dass ich einfach nicht gut genug war, um nach Tokio zu gehen. Das war eine gute Sache und hat mich extrem angespornt, um jetzt in Paris sicherzustellen, dass ich bei den Besten dabei bin. (lacht) Nicht nach Tokio gehen, dafür die Medaille in Paris, das nehme ich jeden Tag.»

Was steht nun noch an?

«Nach dem Männerrennen gibt es noch die Medaillenübergabe. Ich werde auf jeden Fall versuchen, meine Familie zu finden. Sie standen irgendwo am Strassenrand. Ich habe versucht, im Rennen mein Mami zu finden. Einmal habe ich sie gesehen, und sie hat so sehr ‹gefant›, da hatte ich ein Lächeln auf den Lippen.»

Quelle: sda
veröffentlicht: 31. Juli 2024 12:43
aktualisiert: 31. Juli 2024 12:43