Partystimmung in Paris trotz schwieriger Voraussetzungen
Ein kleiner Platz in der Nähe der Place de la Concorde: Mit halbautomatischen Pistolen schwer bewaffnet stehen Polizisten an der Kreuzung. Da läuft ein kleines, vielleicht drei- oder vierjähriges Mädchen auf einen der Sicherheitsleute zu und ruft ihm keck ein «Bonjour» zu. Und der stämmige Mann mit furchteinflössendem Bart beginnt über das ganze Gesicht zu strahlen und grüsst freundlich zurück.
Es ist eine Szene, die typisch ist für das Paris dieser Tage. Das Sicherheitsaufgebot ist gigantisch. Schnell lernt man, dass es ganz viele verschiedene Polizei- und Militäreinheiten gibt: Police Nationale, Gendarmerie, Garde républicaine, eine Sondereinheit namens «Sabre» (Säbel). Auf einem Polizeibus steht «Polizei», es hat deutsche Kennzeichen. Auf dem Rücken eines Polizisten steht «Pulizija», ein Blick auf die kleine Flagge auf dem Ärmel weist den Mann als Maltesen aus. Dennoch wirken die bewaffneten Männer und Freuen nicht einschüchternd.
Freiwillige Helfer an jeder U-Bahn-Station
Auf Fragen geben sie freundlich Auskunft, auch wenn viele nicht aus Paris sind und sich nicht so auskennen. Dafür sind dann die 45'000 «volontaires» zuständig. Auch sie gibt es in allen möglichen Sorten. Die vom Organisationskomitee tragen blaue oder grüne Shirts; an praktisch jeder der über 300 Métro-Stationen stehen Vertreter der öffentlichen Verkehrsbetriebe RATP in violettfarbenen Westen. Auf Französisch, Englisch und Spanisch informieren sie über Megafone über einfahrende Züge, meist aber reicht es, mit übergrossen pinken Fingern, die oft auch bei Sportfans beliebt sind, den Weg zu weisen.
Pink ist überhaupt die Farbe dieser Spiele. Die Streckenpläne in der U-Bahn wurden mit pinken Hinweisen auf die günstigsten Stationen für die Wettkampforte ergänzt. Pink sind auch die Schilder, die zum richtigen Eingang für Zuschauer, Journalisten oder Helfer oder auch einfach zur nächsten Toilette oder dem Souvenirstand weisen.
Paris ist unübersehbar im Olympia-Fieber. In der Métro und der S-Bahn, die zuverlässig ihre Dienste verrichten, trägt gefühlt jeder zweite ein Olympia-T-Shirt oder eine Länderjacke. Orange Niederländer, rote Spanier, grüne Iren oder gelbe Australier und natürlich, ganz viele blaue Franzosen. Letzteres ist vielleicht ein wenig erstaunlich.
Die meisten Pariser, die nichts mit Olympia zu tun haben, sind aus der Hitze der Stadt geflüchtet, die Verwaltung hatte während der Spiele zum Homeoffice aufgerufen, um die Infrastruktur nicht zu überlasten. Erwartet worden war ein zwar gut organisierter Grossanlass, jedoch wegen Terrorgefahr und unsicherer Weltlage unter angespannter Stimmung. Das Gegenteil ist der Fall.
Die Wette ist bis jetzt aufgegangen
Vielleicht gerade wegen der unsicheren Lage feiern die Menschen eine richtige Party. Gute Laune überall, trotz meist sehr hoher Ticketpreise durchwegs volle Stadien, auch am Donnerstagmorgen beim Fechten der Modernen Fünfkämpfer. Begeistert singen die Fans französische Chansons mit. Paris hat mit der Wahl ikonischer Sportstätten an exponierter Lage, einer Eröffnungsfeier und Schwimmen in der Seine eine gewaltige Wette abgeschlossen, bei der so vieles hätte schiefgehen können. Bis jetzt haben sie alles gewonnen, was möglich war.
Dass die Franzosen auch mit Medaillen abräumen und bereits nach der Hälfte der Wettkämpfe die sportlich erfolgreichsten Spiele seit dem Zweiten Weltkrieg konstatieren konnte, hilft natürlich bei der Euphorie. Begeistert und etwas überrascht ist man selbst bei den Organisatoren.
«Es ist besser als in unseren Träumen, wir erleben wirklich etwas Unvergessliches», sagte der OK-Chef Tony Estanguet dem Sender France Info. «Man erlebt diese Volksbegeisterung mit den Wettkämpfen, ob auf der Strasse, in den Stadien oder vor der Pariser Kulisse. Es ist absolut spektakulär, es ist atemberaubend.» Die Stimmung färbe auf das ganze Land ab. «Ich habe den Eindruck, dass es den Franzosen sehr gut gefällt und diese Energie, sie tut allen gut.» Das gilt nicht nur für Frankreich.