Nora Meister trotzt ihrer Nervosität und holt Silber
Irgendwann am Freitag hat wohl das Telefon von Chantal Cavin geklingelt. Die 46-jährige ehemalige Spitzenschwimmerin, die dreimal an Paralympics teilgenommen hat, ist eine gute Freundin von Nora Meister, und entsprechend hat sie immer ein offenes Ohr für die Aargauerin. Auch vor einem Renneinsatz über 400 m Crawl an den Paralympics von Paris, wenn die 21-Jährige schier platzt vor Nervosität.
Denn Meister weiss - in ihrer Lieblingsdisziplin hat sie nicht nur Medaillenchancen, sie will unbedingt eine Medaille gewinnen. Wie 2021, als sie sich in Tokio mit dem Gewinn der Bronzemedaille einen Kindheitstraum erfüllen konnte.
Doch sobald die Lenzburgerin ins Becken der La Défense Arena im Pariser Norden gesprungen ist, ist von dieser Nervosität nichts sichtbar. Meister liefert sich zuerst ein Duell um ein paar Zentimeter mit der Britin Maisie Summers-Newton, doch die Schweizerin kann sich konstant auf Rang 2 halten. Bei der letzten Wende, sagt Meister, habe sie gemerkt, dass es reichen könnte mit Silber.
Näher an der Chinesin als gedacht
Am Ende erschwimmt sie sich eine Reserve von fünf Sekunden. Deren vier verliert sie auf Goldmedaillengewinnerin Yuyan Jiang. Nur vier Sekunden. Denn Meister hätte gedacht, dass die Chinesin, die Meisters einstigen Weltrekord in dieser Disziplin in Tokio 2021 um rund acht Sekunden gesenkt hatte, klarer davonziehen würde.
Doch das soll nicht heissen, dass die Aargauerin sich nun einen Kopf darüber machen würde, nicht Gold geholt zu haben. Im Gegenteil. «Ich wusste, dass ich das Potenzial habe, Silber zu gewinnen. Ich bin überglücklich, dass das geklappt hat», sagt Meister, die aber, so will es ihr Einsatzplan, jetzt nicht schon ausgiebige Feierlichkeiten starten kann.
Am Samstagmorgen um 9.30 Uhr ist sie über 100 m Rücken im Einsatz. Deshalb hat sie für eine Nacht ein Hotelzimmer gleich neben der Arena gebucht. «Das Bett im Hotel ist viel bequemer als das im Village, deshalb werde ich sicher gut schlafen», sagt sie. Und deutlich weniger nervös werde sie am Start auch sein. Denn ihr grosses Ziel hat sie schon erreicht.