Nino Schurter hat sich in diesem Sommer verpokert
Nino Schurter und Mountainbike-Weltmeisterschaften, das ist eine einzigartige Erfolgsgeschichte. 13 Einzel-Medaillen darf der Bündner sein Eigen nennen, davon zehn goldene, was ihn zum Rekord-Champion macht.
Am Sonntag verpasste Schurter, der auch im Besitz eines kompletten olympischen Medaillensatzes ist, erst zum dritten Mal in einem Cross-Country-WM-Rennen bei der Elite das Podest. Doch anders als 2010, als er durch zwei Defekte ausgebremst und Vierter wurde, und 2020, als er mit der rutschigen Unterlage kämpfte und auf Platz 9 fuhr, ist sein 13. Platz in Andorra nicht mit äusseren Einflüssen zu erklären.
«Ich wollte vor den Spielen in Paris zu viel»
«Ich bin mir bewusst, dass alles zusammenpassen muss, dass es mit der Medaille klappt», hatte der Schurter im Vorfeld gesagt. Doch schnell einmal war klar, dass es damit nichts wird. Konnte er im Olympia-Rennen in Paris zu Beginn noch mit der Spitze mithalten, sah der Schweizer diesmal schon früh seine Felle davonschwimmen. Er, der eigentlich keine Probleme hat, in der Anfangsphase eines Rennes ein hohes Tempo anzuschlagen, konnte nicht mit der Konkurrenz mithalten.
So emotional wie nach seinem 9. Rang in Paris sah man Schurter im Ziel in Andorra nicht. Nun glaubt der Churer auch zu wissen, weshalb er «nicht in den Tritt» kommt, den er sich sonst gewohnt ist. «Meine Schlussfolgerung ist, dass ich wahrscheinlich im Höhentrainingslager vor den Olympischen Spielen etwas übertrieben habe. Ich habe zu viel gewollt, bin etwas in ein Übertraining geraten. Dadurch war ich auch in Paris nicht mehr so spritzig, wie ich es mir erhofft habe. Das hat heute leider auch nicht anders ausgesehen.»
Alter geht nicht spurlos vorbei
Ausgerechnet Nino Schurter, dem es in der Vergangenheit immer wieder gelungen ist, am Tag X bereit zu sein, hat sich in diesem Sommer verpokert. Auch in der WM-Vorbereitung hat er nichts dem Zufall überlassen, hat für eine perfekte Akklimatisation wie viele andere Topathleten auch direkt im Zielgelände auf über 2000 Meter über Meer campiert. Er habe jedoch schon vor dem Rennen gemerkt, dass es mit der Erholung nicht so richtig funktioniert. «Das Rennen hat sich dann sehr hart angefühlt.» Er sei «natürlich enttäuscht über diesen 13. Platz. Aber es war das Beste, das möglich war.»
Gerade in einem reich befrachteten Jahr wie diesem, mit der Olympia-Ausscheidung im Frühling, den Sommerspielen und nun der WM, ist es eine grosse Herausforderung, die Trainingsintensität und die Regeneration perfekt zu steuern. «Das ist eine Gratwanderung, man muss immer ans Limit gehen», meint Schurter. «Ich glaube, dieses Jahr bin ich etwas zu tief gegangen.» Allgemein sei die Erholung mit 38 Jahren nicht mehr gleich wie früher. «Wenn ich mal etwas zu hart trainiert habe, dann spüre ich das stark.»
Zukunftsentscheid nach Saisonende
Nun hofft er, sich gut zu erholen, um in drei Wochen im Weltcup wieder an die starken Leistungen der ersten Jahreshälfte (mit einem 36. Weltcupsieg) anknüpfen zu können. «Ich werde jetzt eine Pause machen und hoffe, das ich da raus komme, damit ich mit Frische in die letzten zwei Weltcuprennen starten kann.»
Noch darf sich Schurter Chancen ausrechnen, zum zehnten Mal Gesamtweltcupsieger im olympischen Cross-Country zu werden. Vor den beiden Nordamerika-Rennen in Lake Placid (29. September) und Mont-Sainte-Anne (6. Oktober) belegt der Rekord-Weltcupsieger in der Gesamtwertung hinter dem frischgebackenen Weltmeister Alan Hatherly aus Südafrika den 2. Platz.
Ob es nach der tränenreichen Olympia-Derniere auch sein letzter WM-Auftritt war, ist ungewiss. Solange er vorne mitfahren kann, mache er weiter, hat der Olympiasieger von Rio de Janeiro stets betont.
In einem Jahr steht im Wallis die Heim-WM an, ein Rücktritt käme deshalb einer Überraschung gleich. «Den Entscheid habe ich noch nicht getroffen», so Schurter. «Ich hoffe schwer, dass ich nochmals an einer Heim-WM dabei sein kann.»