«Man stellt sich schon Fragen»
Die Enttäuschung ist Stan Wawrinka ins Gesicht geschrieben, als er in der lauen Nacht von New York zum obligaten Gang vor die Mikrofone schreitet. Der dreifache Grand-Slam-Champion blieb in seiner Erstrundenpartie gegen den italienischen Qualifikanten Mattia Bellucci (ATP 101) chancenlos. Das wirft eine ganze Reihe von Fragen auf.
War die Partie auf dem stimmungsvollen und mit lautstarken Fans gefüllten Court 17 Wawrinkas letzter Auftritt am US Open? Vielleicht sogar bei einem Grand-Slam-Turnier überhaupt? «Ihr stellt immer die gleiche Frage», sagt der 39-jährige Waadtländer. Nicht verärgert. Er kennt das Geschäft. In seinem für einen Spitzensportler sehr fortgeschrittenen Alter und angesichts ausbleibender Erfolge ist die Frage logisch. «Und ich gebe immer die gleiche Antwort. Ich weiss es nicht.»
Wawrinkas Dilemma
Wawrinka steckt in einem Dilemma. Der Sport macht ihm noch immer Spass, die Zuschauer lieben es, ihm zuzuschauen. Aber nur gerade fünf Siege in diesem Jahr und der Fall in die Region um Platz 225 der Weltrangliste nach dem US Open entsprechen nicht seinen Vorstellungen. Am French Open, wo die Ovationen besonders gross waren, betonte der Romand, dass er gerne auch im kommenden Jahr wieder dabei sein würde.
Er machte aber auch klar, dass er zwar nicht allzu sehr auf das Ranking achte, dieses aber schon wieder nach oben gehen müsse. «Irgendwann müssen auch die Resultate wieder stimmen.»
Ein Teufelskreis
Im Moment passiert das Gegenteil - und das, obwohl er gemäss eigener Einschätzung im Training gut spiele. Wawrinka gelingt es aber nicht, dies in den Matches umzusetzen. «Wenn man diese entscheidenden Punkte nicht gewinnt, fängt man an, sich Fragen zu stellen», weiss der US-Open-Champion von 2016. «Man sucht sein Spiel und findet dann oft, so wie heute, die richtige Lösung nicht.» Es entsteht eine Art Teufelskreis. Je länger der Erfolg ausbleibt, umso grösser werden die Zweifel und umso schwieriger wird es, diese wichtigen Punkte befreit und optimistisch zu spielen.
Wawrinka wird mit seinem Team in den nächsten Tagen zusammensitzen und die nächsten Schritte besprechen. Ob zum Beispiel der Davis Cup in zwei Wochen gegen Peru in Biel ein Thema ist, konnte er noch nicht sagen. Grundsätzlich gebe es nur eines: Im Training das Maximum herausholen und wieder anfangen zu gewinnen. Allzu viel Zeit bleibt dem derzeit ältesten Spieler auf der ATP Tour nicht.
Kommen die Siege nicht bald wieder, könnte Ende Saison tatsächlich Schluss sein. Auch wenn die Lust, die Karriere fortzusetzen, ungebrochen ist.