LAFC in Niederhasli: Lottosechser oder nächstes Luftschloss?
Die Signale, die die neuen Besitzer an jenem 17. Januar aussandten, enthielten eine ganz gezielte, mit Bedacht gewählte Botschaft: Wir sind sichtbar, wir wissen um die Bedeutung der Fans, wir haben das Know-how, um Fussballklubs aus der Versenkung zurück zum Erfolg zu führen. «Ich kann Ihnen versichern, dass wir ein klares Commitment haben», sagte Stacy Johns, die neue GC-Präsidentin und neben Larry Freedman zweite neue Verwaltungsrätin. «Wir werden Geld investieren, denn wir wollen Erfolg haben. Wir sagen nicht um jeden Preis, aber wir wollen gewinnen.»
Versprechungen wie diese haben schon viele Investoren bei ihren Antrittsreden gemacht. Als die Grasshoppers vor knapp vier Jahren in chinesische Hände übergingen, an die milliardenschwere, in Hongkong ansässige Unternehmensgruppe Fosun, klang es ähnlich: «Aufbruch in die Zukunft: Ein starker Investor für den Grasshopper Club Zürich», schrieben die Hoppers damals. Und: «Mit dem Besitzerwechsel eröffnen sich sportlich wie finanziell neue Möglichkeiten. Der Klub schaut verheissungsvoll und mit grossen Ambitionen der Zukunft entgegen.»
Immerhin gelang mit Fosun die Rückkehr in die Super League. Die gesalbten Worte, die Grasshoppers in fünf Jahren an die Spitze der Super League und in zehn Jahren an die europäische Spitze zu führen, erwiesen sich indes als Luftschloss. Der grosse, vielleicht entscheidende Unterschied zum Einstieg des LAFC war: 2020 verkündeten die Grasshoppers den neuen Besitzer alleine, die neuen chinesischen Strippenzieher hielten sich von Beginn an im Hintergrund. Die fehlende Präsenz und Transparenz zog sich durch die knapp vier Jahre.
Gegen alte Versäumnisse
Den Entscheidungsträgern beim LAFC entging dieses Manko nicht. Es wirkte fast schon demonstrativ, wie sich Johns und Freedman am ersten Medientermin um Sichtbarkeit bemühten, wie sie die Bedeutung der lokalen Verankerung herausstrichen, wie sie nebst Professionalität auch Nahbarkeit vorführten. In amerikanisch-pathetischer Manier unterwarfen sie sich ihrem neuen Besitztum geradezu: «Der Klub gehört den Menschen. Das gilt auch für GC und seine Geschichte. Wir sind Diener des Klubs.»
Natürlich verfolgt auch der LAFC monetäre Interessen. Nach dem Vorbild des inzwischen auch in der Fussballwelt omnipräsenten Red-Bull-Konzerns ist er dabei, ein weltweites Klub- und Partner-Netzwerk aufzubauen. «Der LAFC möchte eine globale Marke im Fussball werden: Das ist das Selbstverständnis der Besitzer, das ist unser Selbstverständnis im Klub», erklärte John Thorrington, der Sportdirektor des LAFC, in einem Interview mit der NZZ. GC dürfte also weiterhin ein kleines Rädchen in einer grossen Maschinerie bleiben. Es sind die gleichen Pläne, die auch die Fosun-Gruppe verfolgt.
Bislang agieren die zuständigen Marketing- und Medienprofis des LAFC clever. Das 2014 gegründete US-Flaggschiff wurde 2022 in der MLS Meister. Das 22'000 Zuschauer fassende BMO Stadium ist, auch dank medienwirksamer Verpflichtungen wie jene von Gareth Bale oder Giorgio Chiellini, seit der Eröffnung 2018 restlos ausverkauft. Mit Bayern München besteht eine Partnerschaft zwecks Talentförderung, mit dem aktuell noch zweitklassigen Racing Club de Montevideo gibt es einen Südamerika-Ableger in Uruguay. Bei dem in der 4. Liga neu gestarteten österreichischen Traditionsklub Wacker Innsbruck, dem ersten «Kind» des LAFC in Europa, schwärmen sie nach einem Jahr von der fruchtbaren Zusammenarbeit.
Beim ersten Auftritt in Zürich signalisierten die neuen Entscheidungsträger, dass sie sich mit dem neuen Klub und dessen Problemen und Schwachstellen in den letzten Jahren befasst haben. Deshalb die demonstrierte Sichtbarkeit und das betonte Commitment als Kontrast zum gescheiterten chinesischen Schattenregime. «GC ist ideal für unsere Strategie: Die Schweizer Liga bietet einen vergleichsweise einfachen Weg, sich für den Europacup zu qualifizieren. (...) Und mit GC hat Zürich einen Fussballklub mit Tradition und Geschichte», sagte Thorrington. Dass es Investitionen brauche, sei klar. «Sportlicher Erfolg erhöht das Interesse. Das bringt den Kreislauf mit mehr Zuschauern, mit Sponsoren und so weiter in Gang.»
Zehn Jahre bezahlte Rechnungen
Blickt GC also wieder einer goldenen Zukunft entgegen? Andras Gurovits, der als Präsident der GC-Stiftung nach wie vor zum Verwaltungsrat des Klubs gehört, zeigte sich geradezu begeistert. Gegenüber «Blick» sagte er: «Sind wir ehrlich: Die Übernahme durch den Los Angeles FC ist für GC wie ein Lottosechser, Weihnachten und Ostern zusammen.» Laut Gurovits bezahlt der LAFC «mindestens zehn Jahre lang die GC-Rechnungen».
Das klingt vielversprechend. Das Fundament für den American Dream bei GC. Eine gewisse Ungewissheit bleibt dennoch, nicht zuletzt weil in der Super League nunmehr bei fast der Hälfte der Klubs ausländische Investoren die gleichen Pläne verfolgen. Und weil ausländische Investoren in der Vergangenheit eher früher als später wieder gingen. Die Fosun-Gruppe soll bei GC rund 50 Millionen Franken eingeschossen haben. Zu altem Glanz verhalf dies dem Rekordmeister und dessen nach wie vor unverhältnismässig teuren Apparat nicht.