Fribourg-Gottéron gibt zum Start der Saison Rätsel auf
Die Banderolen sprechen eine klare Sprache. «Das Publikum trauert um eine Equipe ohne Stolz» steht auf der einen. «Spieler, Trainer, Führung: alle verantwortlich», auf der anderen. Das lesen die Akteure von Fribourg-Gottéron, als sie in der Nacht auf Samstag nach Freiburg zurückkehren an der Aussenwand ihres Stadions. Aufgehängt haben sie bitter enttäuschte Fans nach einem 0:6-Debakel beim Erzfeind Lausanne.
Nach einer guten letzten Saison mit einem Klubrekord (102 Punkte) und dem 2. Platz in der Qualifikation sowie dem Halbfinal-Einzug in den Playoffs war die Mannschaft kaum verändert worden. Dennoch resultierten nun aus den ersten elf Spielen der Meisterschaft gerade mal drei Siege; nur das notorische Schlusslicht Ajoie steht schlechter da. Da verlor sogar die ebenso leidenschaftliche wie leidensfähige Freiburger Fanbasis die Geduld.
Fertig mit Ausreden
Diese verlor auch der Sportchef Gerd Zenhäusern zwischenzeitlich. Nach der Heimniederlage gegen Davos polterte der Walliser vor den Medien: «Jetzt ist fertig mit den Ausreden, das ist eine Frage des Charakters.» Und bei MySports doppelte Zenhäusern nach: «Es fehlt der Stolz für dieses Leibchen.» Es folgten das 0:6 in Lausanne, dann aber am Samstag auch der Heimsieg gegen den vormals Tabellenzweiten Ambri-Piotta und zuletzt der vierte Erfolg in sechs Spielen der Champions Hockey League.
Im Gespräch mit Keystone-SDA zeigt sich Zenhäusern nun zurückhaltender. «Es gibt schon genug Polemik im Moment, ich will nicht noch weiter Öl ins Feuer schütten», sagt der Sportchef am Mittwochmorgen. «Das Wichtigste ist, dass jetzt Konstanz reinkommt.»
Der schlechte Saisonstart überrascht, denn das Team hat sich im Vergleich zur letzten Saison kaum verändert, mit dem Rückkehrer Yannick Rathgeb kam von Biel sogar noch ein eigentlicher Königstransfer. Den grössten Wechsel gab es auf der Trainerposition, wo der charismatische und bei vielen beliebte Christian Dubé abgesägt wurde und durch dessen Assistenten und ehemaligen Servette-Coach Patrick Emond ersetzt wurde.
Wie Freizeitspieler
Über die Gründe möchte Zenhäusern nicht mehr sprechen. «Wir müssen jetzt nach vorne schauen.» Klar ist, dass es in den letzten Wochen auch innerhalb des Teams rumorte. Rathgeb wurde zwischenzeitlich sogar für ein Spiel auf die Tribüne geschickt, der Nationalspieler und Ur-Freiburger Christoph Bertschy sprach gegenüber «24 heures» Klartext: «Ich habe den Eindruck, in letzter Zeit spielen wir wie Freizeitspieler, man realisiert nicht, dass dies ein harter Job ist, für den man täglich alles geben muss.» Er rennt selbst noch seinem ersten Saisontor hinterher.
Sportchef Zenhäusern, der nach der Entlassung seines ehemaligen Chefs und Alleinherrschers Dubé selber unter Druck steht, stellt eine gewisse Genügsamkeit oder zu grosse Sicherheit fest. «Der eine oder andere hatte vielleicht das Gefühl, es gehe einfach wie letztes Jahr weiter.» Doch er weist auch darauf hin, dass man in der letzten Saison «wenn wir ehrlich sind auch ein wenig überperformt» habe. Die Statistik untermauert dies. Gottéron war die effizienteste Mannschaft der Liga, nun liegt man am anderen Ende der Skala. «Wir haben viele Matches gewonnen, in denen wir nicht das bessere Team waren.»
Dass man es auch jetzt besser könnte, zeigten die Freiburger mit den Siegen gegen die ZSC Lions - der bisher einzigen Niederlage des Meisters - und Ambri. Auch in der Champions League zeigten die Drachen ein anderes Gesicht. Mit vier Siegen zog man souverän in die Achtelfinals ein und schoss unter anderen den deutschen Meister Eisbären Berlin mit 9:3 aus der Halle.
Täglicher Kontakt mit Rönnberg
Speziell macht die Situation, dass Emond nur eine Interimslösung ist, auf die kommende Saison kommt von Frölunda Göteborg aus Schweden der Wunschtrainer Roger Rönnberg. «Er interessiert sich natürlich für unsere Situation», erklärt Zenhäusern. Sie seien täglich im Kontakt, dabei gehe es aber natürlich in erster Linie um die Zusammenstellung des Teams für das nächste Jahr. Die Gegenwart gestaltet sich komplizierter.
Der sanfte Aufwärtstrend muss am Freitag gegen das ebenfalls enttäuschende Zug bestätigt werden, sonst brennt der Baum schnell wieder lichterloh. Der Trainer sei aber aktuell kein Thema, versichert der Sportchef. «Jeder muss in den Spiegel schauen, ich inklusive, wir sitzen alle im gleichen Boot. Das ist ein guter Charaktertest für alle.» Jeder müsse noch tiefer graben, noch enger zusammenstehen. Es sind die üblichen Floskeln in einer Krise, helfen tun nur weitere Siege.