Frankreich fordert Spanien im Duell der Gegensätze
Wäre das bisherige Auftreten an diesem Turnier entscheidend, um einen Platz im Final zu vergeben, würde die Wahl auf Spanien fallen. Das Team von Luis de la Fuente kombiniert sich fast perfekt durch diese EM: Fünf Siege, elf Tore und drei Gegentreffer. Im Viertelfinal wurde mit Deutschland der Gastgeber und nach der Vorrunde am zweithäufigsten genannte Titelfavorit eliminiert.
Demgegenüber steht Frankreich, das sich durch das Turnier quält und irgendwie von Runde zu Runde angelt. Die Mannschaft von Didier Deschamps, die schmerzlich unter der Formschwäche seiner beiden Leistungsträger in der Offensive, Kylian Mbappé und Antoine Griezmann, leidet, weist statistische Wert auf, die nicht auf einen Halbfinalisten hindeuten: Zwei Siege in fünf Spielen und nur drei erzielte Tore, davon eines mittels Penalty und die zwei anderen mit Eigentoren.
Deschamps lässt die schwache Offensivbilanz nur oberflächlich unberührt. Im Hintergrund arbeitet der 55-Jährige daran, seinen Stürmern Selbstvertrauen einzuflössen. Im Training wird das Toreschiessen fleissig geübt und taktisch fand die eine oder andere Anpassung statt. Bloss war bisher keine Umstellung, weder vom System her noch personell, von Erfolg gekrönt. Gegen Portugal im Viertelfinal waren jene beiden Spieler, von denen am meisten Impulse kommen sollten, am schwächsten: Mbappé und Griezmann. Letzterer könnte seine enttäuschenden Leistungen mit einem Platz auf der Ersatzbank bezahlen. Ousmane Dembélé steht für Griezmann bereit.
Spaniens Momentum
De la Fuente muss sich anders als Deschamps um seine Offensive keine Sorgen machen. Diese überzeugt bisher vollends. Nico Williams und Lamine Yamal bilden eine beeindruckende Flügelzange und nehmen fast jede Gelegenheit wahr, um sich in die Duelle mit den Verteidigern zu stürzen. Den Ausfall von Pedri fing dessen Ersatz Dani Olmo gegen Deutschland beeindruckend auf. «Wir haben ein sehr gutes Momentum, wir sind gut drauf, wir spielen sehr gut, so müssen wir weitermachen», sagt der für Leipzig spielende Olmo.
Spanien ist voller Optimismus, dass es zum vierten EM-Titel nach 1964, 2008 und 2012 reicht. In der Heimat zeigt man sich vom Spielstil begeistert, innerhalb der Mannschaft lebt man die Solidarität. «Ich würde für sie sterben, so wie sie für mich», versichert der 63-jährige de la Fuente, der vor seiner Beförderung innerhalb des Verbandes 2022 fast zehn Jahre lang die U19 und die U21 Spaniens betreut hatte.
Umstellungen muss Spaniens Nationaltrainer in der Verteidigung vornehmen, weil Daniel Carvajal und Robin Le Normand gesperrt fehlen. Le Normand, der normalerweise zusammen mit dem anderen gebürtigen Franzosen Aymeric Laporte die Innenverteidigung bildet, wird durch Real Madrids Nacho ersetzt, für Carvajal dürft der 38-jährige Jesus Navas rechts verteidigen und damit mehrheitlich Mbappé gegenüberstehen.
Frankreichs Winnermentalität
Angesichts der bisherigen Vorstellungen kann man aber davon ausgehen, dass es häufiger zu Duellen zwischen spanischen Offensivspielern und französischen Verteidigern kommen wird. Da trifft es sich für Deschamps' Truppe gut, dass auf die Defensive um den starken Goalie Mike Maignan bisher Verlass ist. Nur ein Gegentor - durch einen von Robert Lewandowski im zweiten Versuch verwandelten Penalty - hat der WM-Zweite bisher kassiert.
Frankreich zaubert nicht, aber es weiss, wie man gewinnt, selbst dann, wenn es nicht läuft wie gewünscht. Am Dienstagabend streben «Les Bleus» den vierten Final in ihrem fünften Turnier seit 2016 an.
Die möglichen Aufstellungen:
Spanien - Frankreich
München. - SR Vincic (SLO)
Spanien: 23 Simon; 22 Navas, 4 Nacho, 14 Laporte, 24 Cucurella; 16 Rodri; 10 Olmo, 8 Ruiz; 19 Yamal, 7 Morata, 17 Williams.
Frankreich: 16 Maignan; 5 Koundé, 4 Upamecano, 17 Saliba, 22 Hernandez; 13 Kanté, 8 Tchouaméni, 14 Rabiot; 11 Dembélé, 15 Thuram, 10 Mbappé.
Bemerkungen: Spanien ohne Pedri (verletzt), Le Normand und Carvajal (beide gesperrt). Frankreich komplett.