FIFA verliert vor dem Europäischen Gerichtshof
Mehrere Bestimmungen der FIFA verstossen gegen die in der Europäischen Union geregelte Freizügigkeit der Arbeitnehmer und das Wettbewerbsrecht, wie die Richter in Luxemburg am Freitag entschieden. Dies könnte nach Einschätzung von Experten weitreichende Folgen für das milliardenschwere Transfergeschäft im Weltfussball haben.
Der EuGH urteilte im Fall des ehemaligen französischen Fussballers Lassana Diarra, der in Belgien vor Gericht gezogen war. Die belgischen Richter schalteten für eine weitergehende Klärung den EuGH ein und werden den Fall des 39-Jährigen nun auf Grundlage der Luxemburger Entscheidung entscheiden.
Behinderung von internationalen Transfers
Diarra hatte 2014 den russischen Verein Lokomotive Moskau im Streit verlassen, woraufhin dieser ihn verklagte und die FIFA eine Geldstrafe in Höhe von mehr als zehn Millionen Euro verhängte. Ausserdem musste sich jeder Verein an der Strafe beteiligen, der Diarra verpflichten wollte - ein Engagement des Mittelfeldspielers beim belgischen Erstligisten Royal Charleroi scheiterte, weshalb Diarra zwischenzeitlich vereinslos war.
Der EuGH entschied nun, dass die von den nationalen Fussballverbänden übernommenen FIFA-Regeln die Freizügigkeit von Profifussballern verhindern können. Die Regeln würden die Spieler und die Vereine, die sie einstellen möchten, mit erheblichen rechtlichen, unvorhersehbaren und potenziell sehr grossen finanziellen sowie ausgeprägten sportlichen Risiken belasten. Zusammen genommen sei dies geeignet, einen internationalen Transfer dieser Spieler zu behindern.
Der EuGH urteilte, dass Beschränkungen der Freizügigkeit von Berufsfussballern zwar gerechtfertigt sein können, um etwa die Ordnungsmässigkeit der Fussballwettbewerbe zwischen den Vereinen zu gewährleisten, indem ein gewisser Grad an Beständigkeit in den Mannschaften der Profifussballvereine aufrecht erhalten werde. Im Fall Diarras schienen die Regeln jedoch in mehrfacher Hinsicht über dieses Ziel hinauszugehen.
Beschränkung des Wettbewerbs
Ausserdem entschied der EuGH, dass die beanstandeten Regeln mit Blick auf das Wettbewerbsrecht bezwecken, den grenzüberschreitenden Wettbewerb zu beschränken oder sogar zu verhindern. Es spiele eine wesentliche Rolle im Profifussball, dass Vereine bereits ausgebildete Spieler verpflichten und so in den Wettbewerb treten. Regeln, die diese Art des Wettbewerbs beschränken, würden einer Abwerbeverbotsvereinbarung ähneln. Ausserdem würden solche Regeln als nicht erforderlich erscheinen.
Die konkreten Folgen des Entscheids sind noch nicht absehbar, das im Fall Diarra zuständige Gericht im belgischen Mons wird das Urteil nun auslegen. Allerdings wurde bereits im Vorfeld erwartet, dass die Fifa im Fall einer Niederlage ihre Regeln ändern muss und eine Neuordnung des Transfermarkts nötig wird.
Der Fall Diarra war von seiner Dimension bereits mit dem 1995 veröffentlichten Bosman-Urteil verglichen worden. Jean-Marc Bosman hatte damals erstritten, dass Spieler nach Vertragsende ablösefrei wechseln dürfen.