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«Emotional und mental am Limit»

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«Emotional und mental am Limit»

8. September 2024, 15:12 Uhr
Emotionaler Jubel in der «neuen» Familie: Aryna Sabalenka herzt nach ihrem US-Open-Triumph ihren Freund, Coach und Fitnesstrainer
© KEYSTONE/EPA/BRIAN HIRSCHFELD
Aryna Sabalenka vertreibt mit ihrem Finalsieg am US Open ihre amerikanischen Dämonen. Entsprechend emotional reagierte die Belarussin auf ihren dritten Grand-Slam-Triumph.

Der Tiger, der als grosses und furchteinflössendes Tattoo auf Aryna Sabalenkas Unterarm prangt, passt zum Spiel der 26-jährigen Belarussin. 1,82 m gross, breite Schultern, lautstarkes Stöhnen, wahre Geschosse, die sie mit Vorhand, Rückhand und Aufschlag den Gegnerinnen entgegen schleudert - wenn man Sabalenka gegenüber steht, kann einem tatsächlich Angst und Bange werden.

Im Final schlug sie beim 7:5, 7:5 gegen Jessica Pegula 40 Winner und 34 unerzwungene Fehler. Oft ist die Gegnerin fast nur Zuschauerin, die Entscheidung über Sieg oder Niederlage liegt zumindest auf Hartplatz fast ausschliesslich im Schläger von Sabalenka.

Weicher, sensibler Kern

Doch der Eindruck der toughen Wettkämpferin täuscht, drinnen steckt ein weicher, sensibler Kern. Die Kritik an ihrer angeblichen Nähe zum belarussischen Diktator Alexander Lukaschenko hat sie geschmerzt, ebenso die feindselige Haltung der New Yorker Zuschauer im letztjährigen US-Open-Final, als sie bereits gegen Coco Gauff auf dem Weg zum Titel war, sich aber aus dem Konzept bringen liess. Diesmal behielt sie die Nerven.

Nun steht Sabalenkas Name nach zwei Triumphen am Australian Open erstmals auch auf dem Pokal des US Open. Das bedeutet ihr wegen ihrer familiären (Leidens-)geschichte ungemein viel. «Nachdem ich meinen Vater verloren hatte, war es immer mein Ziel, unseren Familiennamen in die Geschichtsbücher des Tennis zu schreiben», erklärte sie nach dem Finalsieg sehr emotional. Dazu muss man wissen: Vater Sergej, ein ehemaliger Eishockeyspieler, starb, als Aryna erst 21-jährig war. Zudem beging ihr ehemaliger Freund im März dieses Jahres Suizid. «Emotional und mental war ich am Limit», sagte sie diesen Sommer einmal beim TV-Sender ESPN.

Liebeserklärung an die neue Familie

Nach dem verwandelten Matchball fiel sie auf der Tribüne des Arthur Ashe Stadiums ihrer «neuen Familie», Freund Georgios Frangulis, Fitnesscoach Jason Stacy und Trainer Anton Dubrow, in die Arme. «Ich könnte mir mein Leben ohne euch nicht vorstellen, ich liebe euch so sehr», meinte die gerührte Belarussin.

Ihr Sieg ist logisch, auf Hartplätzen ist sie seit zwei, drei Jahren die mit Abstand beste Spielerin. Wegen Schulterproblemen musste Sabalenka in Wimbledon kurzfristig absagen und traf dann die weise Entscheidung, auf das Olympiaturnier in Paris zu verzichten. Auf Rasen und Sand hat die Weltnummer 2 bisher deutlich weniger Erfolge aufzuweisen.

Freude auf einen ordentlichen Kater

Um nicht wieder von den Fans aus der Bahn geworfen zu werden, hatte Sabalenka es mit einer Charme-Offensive versucht. «Die Getränke gehen auf mich, dafür unterstützt ihr mich ein bisschen im nächsten Match», hatte sie vor dem Halbfinal gegen eine weitere Amerikanerin, Emma Navarro, im Platzinterview versprochen. Ganz so war es dann zwar nicht, doch die Stimmung war fairer als im letzten Jahr.

Und zu trinken wird Sabalenka in der Nacht auf Sonntag sowieso genug gehabt haben. «Wahrscheinlich trinken wir viel», prophezeite sie bei der Medienkonferenz nach dem Finalsieg. Und mit Blick auf das Fassungsvermögen des grossen Pokals:«Ich werde morgen einen ordentlichen Kater haben.» Hauptsache, der Familienname Sabalenka steht jetzt darauf.

Quelle: sda
veröffentlicht: 8. September 2024 15:12
aktualisiert: 8. September 2024 15:12