Die Suche nach dem Rezept für Spiel 7
Bern 3, Zug 0 - so steht es nach Spielschluss am Mittwochabend auf dem Videowürfel, als sich die Zuschauerränge in der PostFinance-Arena langsam leeren. Hie und da wünscht man sich «schöni Oschtere» und hofft insgeheim, dass man sich nächste Woche nochmals zu einem Playoff-Heimspiel begrüssen kann. Das Feuerwerk, das die Mannschaft des SCB zuvor während 60 Minuten auf dem Eis abgefeuert hat, stimmt das Berner Publikum jedenfalls zuversichtlich. Aber was hat der Sieg schon zu bedeuten, in einer Serie, in der beide Teams von Match zu Match ein anderes Gesicht zeigen?
Unten im Bärengraben, im Bauch des altehrwürdigen Allmendtempels, ist Ostern kein Thema, wenn die beiden Trainer in die Mikrofone parlieren. Jussi Tapola hat nach dem überzeugenden Berner Heimauftritt sein bekanntes Grinsen aufgesetzt, auf der Gegenseite wirkt Zugs Dan Tangnes trotz vergebenem ersten Matchpuck nicht weniger gelassen. Der Finne und der Norweger, zwei Meister ihres Fachs, sind bekannt als gewiefte Taktiker. Doch für Donnerstag haben sie beide den gleichen Fahrplan: Sie gönnen ihren Spielern einen Tag frei, um die Batterien neu aufzuladen und bereit zu sein, wenn es am Samstag in Spiel 7 in Zug um alles oder nichts geht. «Siegen oder fliegen» heisst es dann für den EVZ und den SCB.
Und wie lautet das Rezept für die sogenannte Belle? Tangnes und Tapola sind sich einig: Spiel 7 wird ein «mental game», also Kopfsache. Alles was in den sechs Spielen zuvor passiert ist, zählt nicht mehr. Eine Prognose? Schwierig, zumal sich beide Teams zuletzt sehr unbeständig zeigten, was die Offensive, aber auch die Defensive anbelangt. Beide sind sie unberechenbar, eine Art Wundertüte.
Tapolas «Qual» der Goalie-Wahl
Gespannt sein darf man insbesondere auf die Goalie-Wahl beim SCB. Philip Wüthrich hat mit seinem Shutout in Spiel 6 seinem Coach den Entscheid eigentlich abgenommen, könnte man meinen. Doch Tapola lässt sich nicht in die Karten blicken. «Wir haben verschiedene Optionen», sagt er, und meint damit, dass er von den sieben zur Verfügung stehenden Ausländern sechs einsetzen darf. Einer davon wäre der schwedische Torhüter Adam Reideborn, in den letzten beiden Jahren Sieger der KHL mit ZSKA Moskau.
Aber ob Tapola nach seinem irritierenden Goaliewechsel in Spiel 5, als Wüthrich nach zwei unhaltbaren Gegentoren durch den erfahreneren Reideborn ersetzt wurde, erneut den Mut aufbringt, dem sechs Jahre jüngeren Schweizer nach dessen tadelloser Leistung am Mittwoch aufs Neue das Vertrauen zu entziehen? «Wir haben zwei gute Goalies», zeigt sich Tapola positiv. «Wir fällen den Entscheid und tragen die Verantwortung.» Am Ende sei es immer gleich: «Wenn du gewinnst, hast du richtig entschieden, wenn nicht, dann nicht. Unser Ziel ist es, weiterzukommen.»
Genoni: Das Zünglein an der Waage
Auf der gegnerischen Seite ist Leonardo Genoni die unumstrittene Nummer 1 im Zuger Tor. Der siebenfache Meistergoalie läuft in den Playoffs wieder einmal zur Höchstform auf, was seine starke Abwehrquote von 93,26 Prozent beweist. Und mit Blick auf eine Statistik dürfte dem Berner Anhang Angst und Bange werden: In den letzten drei Playoff-Serien, in denen sich Zug und Bern gegenüberstanden, ging Genoni stets als Sieger hervor.
In den Finals 2017 (4:2) und 2019 (4:1) hexte er den SCB jeweils zum Meistertitel, 2021 setzte er sich mit Zug im Viertelfinal (4:2) gegen seinen Ex-Klub durch. Und auch beim letzten Spiel 7 des EVZ stand Genoni im Brennpunkt: Es war dies die 2022 mit 3:1 gewonnene Finalissima gegen die ZSC Lions.
Die wohl entscheidende Frage am Samstag wird sein: Kann der SCB den Mut aufbringen, um mit jener Energie ans Werk zu gehen wie im Heimspiel vom Mittwoch? Tapolas Antwort: «Das müssen wir, sonst verlieren wir.» Dann schiebt der Finne noch einen Satz nach, bevor er wieder in der Kabine verschwindet: «The most important things is, that you play with the white underwear. That there is no shit in your pants.» Kurz: Wer sich in die Hosen macht, hat verloren.