Die neue Olympia-Sportart Kajak-Cross verspricht grosses Spektakel
Martin Dougoud freut sich bereits seit Wochen auf die kommenden drei Tage. «Das wird grandios», versicherte der 33-jährige Genfer vor dem Beginn der Olympischen Spiele. «Vier Boote starten gleichzeitig und stürzen von einer fünf bis sechs Meter hohen Rampe ins Wasser. Das Publikum wird es lieben.» Und Dougoud ist bereit, das hat er am Donnerstag mit dem 4. Platz im Kajak-Einzel eindrücklich gezeigt.
Cross ist zwar die gleiche Sportart, und doch etwas völlig anderes. Am besten vergleichbar mit einer klassischen Abfahrt einerseits und dem Skicross anderseits im Winter. Am Freitag fand ein Zeitlauf statt, dessen Resultat für die Einteilung in den einzelnen Runden entschied. Ab Samstag geht es so richtig los. Nach einer 1. Runde gibt es in einer Repechage eine zweite Chance. Am Sonntag stehen die «Heats» oder Vorläufe an, am Montag geht es in Viertel- und Halbfinals sowie dem Final um die Medaillen. Neben Dougoud steht auch die Bernerin Alena Marx, als Achte im Canadier-Einer ebenfalls gut in Form, am Start.
Volle Attacke
Ähnlich wie im Skicross treten in einem Lauf vier Kanuten gegeneinander an, die besten zwei kommen eine Runde weiter. Wie im Einzel müssen verschiedene Tore flussaufwärts oder flussabwärts durchfahren werden. Dazu muss an einer bestimmten Stelle eine so genannte Eskimo-Rolle - eine 360-Grad-Rolle mit dem Kopf durch das Wasser - vollführt werden. Und das jeweils im Kampf Boot gegen Boot.
Für Dougoud ist der klassische Slalom mental anspruchsvoller. «Man muss feiner fahren, präziser», erklärt er. «Im Cross musst du attackieren, aggressiver sein. Wie ein Hund, der seit vier, fünf Tagen nichts mehr zu fressen bekommen hat.» Persönlich gefällt ihm der Slalom besser, doch er freut sich über die zweite Medaillenchance. Er muss sich in der neuen Disziplin auch gar nicht verstecken. An der WM im letzten Jahr holte er Bronze - notabene nach einem 4. Platz im Slalom. Wenn das kein gutes Omen ist.
Mit Freude gehts besser
Dougoud will sich allerdings nicht auf eine Medaille versteifen. Das ist ihm in Tokio vor drei Jahren (13. Platz) nicht gut bekommen. «Ich habe mich seither mehr auf die Freude am Kajak-Fahren konzentriert als auf die Resultate. Ich bin ruhiger, zentrierter.» Geholfen hat auch ein Mentaltrainer, denn der Genfer ist ein ausgesprochener Kopfmensch. «Ich spreche oft mit mir selber, habe oft negative Gedanken.» Mit Meditation und Relaxation durch die Atmung versuche er, seinen Herzrhythmus zu senken. «Mit dieser Einstellung fahre ich besser.»
Dougoud ist ein akribischer Arbeiter, der für seinen Sport alles macht. So lebt er seit vielen Jahren im französischen Leistungszentrum in Pau, weil es in der Schweiz keine Wildwasser-Strecke gibt. Er hat in Paris also sozusagen ein Heimspiel. In den nächsten Tagen will er das Beste daraus machen.