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Die Erben von Hagi und Iordanescu lassen Rumänien träumen

Rumänien

Die Erben von Hagi und Iordanescu lassen Rumänien träumen

2. Juli 2024, 05:31 Uhr
Edward Iordanescu hat Rumänien wieder nach oben geführt
© KEYSTONE/AP/Andreea Alexandru
Rumänien ist zwischenzeitlich in der Mittelmässigkeit verschwunden. Nun träumt das Team von Trainer Edward Iordanescu von einem EM-Viertelfinal.

Wer an dieser Europameistermeisterschaft rumänische Fans sucht, kann die Ohren offenhalten nach einem Lied, das auch in der Schweiz vor 20 Jahren in der Dauerschleife lief. «Dragostea din tei» der moldauischen Pop-Gruppe O-Zone war ein Sommerhit, der wochenlang zuoberst in der Hitparade stand.

In Deutschland ist er die Hymne der Tausenden rumänischen Supporter. Als sie sich vor dem zweiten Gruppenspiel gegen Belgien auf der Treppe zum Kölner Dom versammeln, mischt sich die andächtige Ruhe der imposanten, gotischen Kathedrale mit der ausgelassenen Fröhlichkeit der Rumäninnen und Rumänen, die in der Hoffnung angereist sind, dass die Fussball-Nationalmannschaft endlich wieder ein erfolgreiches Turnier bestreitet.

Tiefpunkt in der Nations League

Denn im osteuropäischen Staat sind die jüngsten Erinnerungen an eine EM nicht sehr positiv behaftet. Entweder scheiterte die «Tricolorii» in der Vorrunde, oder sie war gar nicht erst an der Endrunde dabei. 2016 schied Rumänien gegen Frankreich, die Schweiz und Albanien als Gruppenletzter aus. Vor drei Jahren fehlten die Rumänen beim paneuropäischen Turnier. 2022 folgte der Abstieg in die drittklassige C-Gruppe der Nations League. «Verschwunden in der Mittelmässigkeit», schrieben rumänische Medien.

Insofern ist es doch auch überraschend, wie sich dieses Nationalteam in den letzten Jahren entwickelt hat. Gegen eine lange Zeit schwächelnde Schweiz haben sich die Rumänen in der Qualifikation zu dieser EM als Gruppensieger durchgesetzt. Und damit angedeutet, dass sie im kontinentalen Vergleich mitzuhalten vermögen.

Vorwürfe zum Ende der Gruppenphase

Eine Schlüsselrolle bei der Revitalisierung des rumänischen Nationalteams hat Edward Iordanescu inne. Der 46-Jährige ist seit zweieinhalb Jahren Trainer der Auswahl. Er war also beim vermeintlichen Tiefpunkt, dem Abstieg in die Liga C der Nations League, als die Rumänen unter anderem von Finnland übertrumpft wurden, auch schon in der Verantwortung.

Nun hat er es aber offensichtlich geschafft, die Fussball-Nation Rumänien wieder aus der Bedeutungslosigkeit zu hieven. «Ich möchte allen Rumäninnen und Rumänen auf dieser Welt danken. Ich glaube, wir haben noch nie so viel Unterstützung gespürt wie jetzt», sagte er nach dem eindrücklichen und überraschenden 3:0 zum Auftakt in dieses Turnier gegen die Ukraine. «Diejenigen, die an uns gezweifelt haben, sehen nun hoffentlich, dass wir ein gutes Team sind.»

Zwar marschierten die Rumänen im Anschluss nicht durch ihre Gruppe. Sie standen aber am Ende doch als Gruppensieger fest, punktgleich mit allen anderen Teams, jedoch mit dem besten Torverhältnis. Nach dem 1:1 zum Abschluss gegen die Slowakei, das beiden Mannschaften zum Weiterkommen reichte, wurden vereinzelte Stimmen laut, man habe sich zu Ungunsten der ausgeschiedenen Ukrainer auf dieses Resultat geeinigt. «Unsere Würde und unsere Arbeitseinstellung infrage zu stellen, ist eine Schande», enervierte sich Iordanescu. «Beide Teams wollten gewinnen.»

Hagis Akademie

Die Reaktion zeigt, mit welcher Leidenschaft der Trainer bei der Sache ist. Iordanescu ist es wichtig, dass die Arbeit aller Beteiligten auch als das wahrgenommen wird. Auch deshalb, weil er einen Namen trägt, der in Rumänien verpflichtet. Sein Vater Anghel Iordanescu war dreimal Trainer der Nationalmannschaft. Auch bei der letzten EM-Teilnahme 2016 in Frankreich. Aber vor allem auch während der WM 1994 in den USA, als Rumänien bis in die Viertelfinals vorstiess.

Die Spieler von damals, unter ihnen Gheorghe Hagi, werden in Rumänien gemeinhin als die «goldene Generation» bezeichnet. Und Hagi sagt noch heute scherzhaft, dass die Mannschaft damals nur ausgeschieden sei, damit eine spätere Generation noch die Möglichkeit habe, besser abzuschneiden. Heute spielt sein Sohn Ianis dort, wo er früher im offensiven Mittelfeld für Ideen besorgt war.

Gerne spricht der 59-Jährige aber davon, noch weitere Kinder in der Mannschaft zu haben. Hagi hat in seiner Heimatstadt Constanta im Südosten des Landes eine Fussballakademie aufgebaut. Mehr als ein Drittel des aktuellen Nationalkaders hat einmal dort die Fussballschuhe geschnürt.

Iordanescu und Hagi - zwei prägende Namen in der Geschichte des rumänischen Fussballs. Im EM-Achtelfinal am Dienstag (18 Uhr) gegen die Niederlande in München haben zwei Söhne die Chance, ein wenig aus den langen Schatten ihrer Väter zu treten.

Quelle: sda
veröffentlicht: 2. Juli 2024 05:31
aktualisiert: 2. Juli 2024 05:31