Der Traum von Kyshawn George ist wahr geworden
Schon in der Primarschule hatte er angekündigt, dass er der dritte Schweizer sein würde, der in der NBA spielt. Kyshawn George hat diesen Kindheitstraum zu einer Selbstverständlichkeit gemacht. Diese Zuversicht strahlt er auch am Telefon aus. Sein Ton ist ruhig, ohne grosse Höhenflüge. Seine Antworten sind von einer Art Demut geprägt, die sich mit einer Selbstsicherheit vermischt, die für jemanden, der in der besten Liga der Welt spielen will, notwendig ist.
Denn in der NBA zu spielen, ist mit 30 Mannschaften und etwa 15 Spielern pro Franchise, d. h. insgesamt etwa 450 Athleten für einen Sport, der auf allen Kontinenten gespielt wird, immer noch eine grosse Leistung.
Viel los im Sommer
Als George im vergangenen Juni von den New York Knicks an 24. Stelle gedraftet wurde, wurde er sofort nach Washington weitergegeben. Was ist seit diesem verrückten Abend passiert? «Ich bin direkt nach Washington gegangen», sagte er der Agentur Keystone-SDA. «Ich blieb dort einen Monat lang und nahm an der Summer League teil. Danach kehrte ich für zehn Tage in die Schweiz zurück, bevor ich wieder in die USA reiste, mit einem Camp in Los Angeles, dann Aufenthalten in Washington und Toronto.»
Wie Clint Capela hat auch Kyshawn George schnell verstanden, dass harte Arbeit in einer Welt, in der das Talent in jeder Mannschaft zu finden ist, unerlässlich ist: «Ich habe viel trainiert, damit das Team sieht, was ich vorhabe.» In Washington hat Kyshawn George das Glück, auf die Unterstützung seiner Eltern zählen zu können. Der 20-Jährige hat für sie eine Wohnung gemietet, in der sie das ganze Jahr verbringen sollen. Sein Vater Deon, ein ehemaliger kanadisch-schweizerischer Basketballspieler, hat ein Sabbatjahr eingelegt, um einem seiner beiden Söhne zu folgen.
Kyshawn lächelt: «Es ist ein bisschen, um die verlorene Zeit nachzuholen, denn ich habe seit meinem 15. Lebensjahr allein gelebt (Red.: in Châlon, dann in Miami). Es ist wichtig, sie um mich herum zu haben. Sie haben sich angeboten und es hat sich ganz natürlich ergeben. Sie können mir bei einigen administrativen Aufgaben helfen.»
Kein Fan von Vergleichen
Es ist nicht einfach, in der NBA in die Startaufstellung zu kommen. Clint Capela musste die D-League (heute G-League) durchlaufen, bevor er sich in Houston durchsetzen konnte. Kyshawn George dürfte nicht den gleichen Weg gehen. Der Walliser gehört zu den Spielern, die den verletzungsbedingten Ausfall von Malcolm Brogdon kompensieren sollen. In seinem zweiten Vorbereitungsspiel am 10. Oktober im Madison Square Garden beeindruckte George mit 14 Punkten, 4 Rebounds, 3 Blocks und einem Steal.
Als sein Teamkollege Kyle Kuzma ihn mit Knicks-Star Mikal Bridges verglich, weil er sowohl defensiv als auch offensiv gut ist, liess Kyshawn George das nicht kalt: «Ich bin kein Freund von Vergleichen», sagt er. «Ich versuche nicht, wie jemand zu sein, sondern wie ich selbst. Trotzdem ist das ein Kompliment.»
Ein kompletter Spieler
Nach eigenen Angaben liegt eine der Stärken von Kyshawn George in seiner defensiven Mentalität: «Man muss den Willen haben, in der Verteidigung zu spielen und sich zu positionieren», erklärt er. «Damit fängt alles an. Ich denke, ich bin defensiv ziemlich gut und kann das Spiel gut lesen.» Eine der grössten Stärken von George ist seine Vielseitigkeit. Theoretisch und je nach Gegner kann er vier von fünf Positionen verteidigen. «Eine grosse Qualität, die den Trainern gefällt», betont er.
Welche Ambitionen hat Kyshawn George für die kommende Saison? «Eine persönlich erfolgreiche Saison wäre es, in das «All rookie team» der besten Neulinge aufgenommen zu werden. Und aus Sicht des Teams befinden wir uns in einer Phase des Wiederaufbaus. Wir müssen die Grundlagen für die Zukunft schaffen.» Eine Zukunft, die Kyshawn George erfolgreich mitgestalten möchte.