Der komplizierte Schweizer Saisonauftakt ohne Gut-Behrami
Dreimal konnte Lara Gut-Behrami den Riesenslalom auf dem Rettenbachgletscher bisher gewinnen. Nicht wenige trauten der Gesamtweltcupsiegerin des vergangenen Jahres den vierten Sieg beim Season Opening zu, womit sie sich zur alleinigen Rekordsiegerin gemacht hätte. Doch der Konjunktiv verrät: Es ist anders gekommen.
Gut-Behrami entschied nach dem Einfahren, auf den Start zu verzichten. Sie sei nicht zu 100 Prozent fit, das Verletzungsrisiko zu gross. Eine Grippe hatte die 33-jährige Tessinerin in der jüngsten Vorbereitung geschwächt. Hinzu kamen Knieprobleme, die sie seit einem Schlag im Trainingslager in den chilenischen Anden beeinträchtigten.
«Es ist hart, auf den Start zu verzichten. Denn ich liebe dieses Rennen. Ich liebe es immer, Rennen zu fahren. Aber ich will nicht, dass eine Verletzung meine Karriere beendet. Ich will selbst bestimmen, wann es fertig ist», sagte sie unter Tränen.
Rast rettet die Schweizer Ehre
In Abwesenheit der Teamleaderin vermochte das Schweizer Team im Ötztal mit einer Ausnahme nicht zu überzeugen. Als einzige Athletin von Swiss-Ski konnte Camille Rast ihr Potenzial abzurufen. Die 25-jährige Walliserin verbesserte sich im zweiten Lauf um vier Positionen und klassierte sich als beste Schweizerin im 12. Rang. Ihr bisher bestes Ergebnis auf dem Rettenbachgletscher war Platz 29. Entsprechend positiv zeigte sie sich nach dem Rennen: «Ich hatte eigentlich nicht so viel erwartet, zumal es mit dem nassen und weichen Schnee nicht meine Verhältnisse waren.»
Zweitbeste Schweizerin war im 22. Rang Michelle Gisin. Die 30-jährige Engelbergerin verlor durch zwei Fehler im Steilhang viel Zeit und vergab ein deutlich besseres Ergebnis. Entsprechend ärgerte sie sich: «Es ist brutal frustrierend. Heute wäre ein Platz in den Top 10 durchaus machbar gewesen.» Doch der eingeschlagene Weg sei der richtige, das Gefühl ein gutes.
Ihr erstes Rennen nach überstandener Knöchelverletzung absolvierte Wendy Holdener. Die Slalomspezialistin schaffte wie Simone Wild knapp den Sprung in den zweiten Lauf, konnte in diesem aber nur unwesentlich von der guten Startnummer profitieren und kletterte um vier Ränge auf Platz 25. «Ich habe sicher von mehr geträumt. Aber ich nehme den Start in die Saison. Es war definitiv eine Challenge. Die Verhältnisse waren schwierig und ich nervöser als erwartet.»
Das triste Bild ohne Gut-Behrami
Letztmals hatte das Schweizer Team vor zehn Jahren in Sölden keine Athletin in den Top 10. Was auf den ersten Blick nach einem Desaster tönt, entpuppt sich bei genauerem Betrachten als logisches Ergebnis und Spiegelbild der jüngeren Vergangenheit. Denn ohne Gut-Behrami wäre die Schweizer Bilanz im Ötztal auch in den vergangenen Jahren deutlich schlechter ausgefallen.
Bei Gut-Behramis Sieg im Vorjahr fuhr Mélanie Meillard als zweitbeste Schweizerin auf Platz 17. Zwei Jahre zuvor klaffte eine noch grössere Lücke zwischen der zweitplatzierten Tessinerin und Andrea Ellenberger im 24. Rang.