Das Laufmärchen stimmt für Lobalu auch mit Platz 4
«Pour la Suisse, Dominic Lobalu!». So stellte der Stadion-Speaker den Läufer vor. Er wusste nicht, dass dieser Mann in Paris Teil des Flüchtlings-Teams ist, und er wusste wohl auch nicht, dass Lobalu nicht bloss ein begnadeter Läufer, sondern ein Medaillenkandidat ist, der letztlich Bronze verpassen, aber die bislang beste Leichtathletik-Klassierung für das Refugee Olympic Team holen wird. Und auch Lobalus Trainer und Mentor Markus Hagmann machte eine Ansage: «Dominic hat den Lauf seines Lebens bereits gewonnen.»
Ein Viertelstunde später gab der Athlet als Viertklassierter Auskunft und betonte immer wieder: «Ich bin zufrieden.» Und man kauft ihm diese Aussage auch ab. Wer seinen Lebenslauf kennt, der kann erahnen, dass er ein sportliches Verdikt auf der Bahn ohne Wenn und Aber akzeptiert. Ihm ist im Leben viel Leid und Unrecht widerfahren: Seine Eltern wurden erschossen. Im Südsudan geboren, war er ein Leben lang Flüchtling, er wurde auch im Athlete Refugee Team von World Athletics (nicht zu verwechseln mit dem Refugee Olympic Team) nicht korrekt behandelt und setzte sich schliesslich 2019 in Genf ab. Dann erhielt er nach jahrelangem juristischem und verbandspolitischem Gezerre die Startberechtigung an internationalen Titelkämpfen für die Schweiz erst im Mai 2024, und letztlich liess ihn das IOC doch nicht als Schweizer in Paris starten.
Vor diesem Hintergrund blickt Lobalu auf einen gelungenen Sommer zurück: Bronze über 5000 m an der EM in Rom für Swiss Athletics, Gold über 10'000 an der EM in Rom für Swiss Athletics, ein hochkarätiger Schweizer Rekord über 5000 m (12:50,90) in Oslo, Platz 4 an den Olympischen Spielen, an denen er ein Diplom anstrebte.
Ein kleiner Fehler
Letztlich fehlten bloss 14 Hundertstel zum Coup. Der Amerikaner Grant Fisher, der bereits über 10'000 m Bronze gewonnen hatte, fing Lobalu auf den letzten Metern noch ab. Den Sieg holte sich der Norweger Jakob Ingebrigtsen, der sich für Platz 4 über 1500 m rehabilitierte.
Lobalu hätte sich ein schnelleres Rennen gewünscht und versuchte mehrmals vergebens, mit einer Tempoverschärfung die Spreu vom Weizen zu trennen. Gleichwohl hielt der 25-Jährige mit, als es am Schluss zur Sache ging. Die letzte Runde nahm er an Postion 7 mit etwas Rückstand in Angriff - dies war wohl der entscheidende Fehler. In diesem Moment war er nicht ideal positioniert. Auf der Zielgeraden arbeitete er sich Lobalu auf den Bronzeplatz vor, ehe er doch noch abgefangen und in guter «Schweizer Manier» Vierter wurde - wie zuvor seine Swiss-Athletics-Teamkollegen Simon Ehammer, Angelica Moser und Annik Kälin.