«Bis zum Ende des zweiten Satzes waren wir das bessere Team»
Die Augen sind leer, die Tränen können sie gerade noch zurückhalten. Der Gang durch die idyllische Medienzone unter Bäumen fällt Tanja Hüberli und Nina Brunner erstmals an diesem Turnier schwer. Wie erklärt man Fernsehleuten und Journalisten eine Niederlage, die man sich selber nicht erklären kann?
Hüberli startet einen Versuch: «Das Allerschwierigste ist, wenn du weisst, du hättest deine Chancen gehabt und hast sie nicht genutzt. Noch dazu in einem Spiel, wo du nachher um olympisches Gold kämpfen könntest.» Auf den ersten Blick ist der Grund schnell gefunden. Wäre Hüberlis Pass auf Brunner präziser gewesen, hätten sie so ihren Matchball nutzen können, würde die Gefühlslage anders aussehen und hätte die Schweiz ihre achte Medaille auf sicher.
Genug Punkte, die man hätte machen können
Brunner wehrt jedoch ab. «Man denkt dann immer an so einzelne Punkte», wendet die 28-jährige Zugerin ein. «Aber es sind viele Punkte, man hätte diese auch vorher machen können im zweiten Satz.» Sie findet - absolut zurecht - dass sie auch im Halbfinal gut gespielt hätten. «Das ändert die Enttäuschung aber auch nicht.»
Sehr viel Zeit bleibt nicht, um diese zu verarbeiten. Bereits am Freitagabend steht das Bronze-Spiel an. «Wir versuchen nun, etwas runterzufahren und werden das Spiel noch kurz besprechen», verrät Brunner. Sie werden feststellen, dass sie sehr lange auch in diesem vieles richtig gemacht haben. Brunner war in der Defensive wie gewohnt überall und grub auch schwierigste Bälle aus, die 1,90 m grosse Hüberli punktete am Netz mit ihren Smashes und Blocks gleichermassen überzeugend.
Trotzdem eine coole Ausgangslage
«Bis zum Ende des zweiten Satzes waren wir das bessere Team», betont Hüberli. Bloss können sie sich dafür nichts kaufen. «Wir haben morgen (Freitag) nochmals eine Chance auf eine Olympiamedaille, das ist eine sehr coole Ausgangslage», macht sich Nina Brunner Mut. «Wir geben alles, damit wir dann nochmals gut auf dem Platz stehen werden.»
Das bedeutet: «Sicher gut essen, Physiotherapie und hoffentlich gut schlafen.» Trotzdem gut schlafen, denn die Niederlage wird die beiden noch eine Weile verfolgen. Nur mit einer Medaille können sie böse Träume verhindern. Vierte Plätze hat die Schweiz an diesen Spielen bekanntlich schon genug, gemäss einer Berechnung der französischen Zeitung «Le Monde» am neuntmeisten aller Nationen.
Den zweiten Halbfinal mochten sich Hüberli und Brunner allerdings am Abend nicht mehr antun. «Morgen dann» würden sie ihn noch anschauen und ihre Gegnerinnen unter die Lupe nehmen. Vor dem Turnier hätten sie für einen Kampf um Bronze unterschrieben, nun gilt es aber erst einmal, die grosse Enttäuschung wegzustecken.