Zürcher Gemeinderat lässt das Bürkliplatz-Pissoir stehen
Die Neugestaltung der Stadthausanlage an sich war in der Debatte völlig unbestritten. Der Gemeinderat bewilligte den beantragten Kredit von 12,9 Millionen Franken mit 112 zu 0 Stimmen.
Dass der Stadtrat aber das Pissoirhäuschen abbrechen lassen wollte, war für eine Mehrheit nicht nachvollziehbar. Mit 77 zu 35 Stimmen sprach sie sich für den Erhalt aus.
Gendergerichtigkeit und Wildpinklerquote
Einzig die SP votierte am Ende gegen das Pissoir: «Wir bauen neue WC-Anlagen, die für alle zugänglich sind», sagte Patrick Tscherrig. Zudem sei die WC-Dichte an diesem Ort die höchste in Zürich.
Ein Pissoir sei zwar nicht gendergerecht, räumte Postulant Beat Oberholzer (GLP) ein. Doch seien WC-Anlagen an einem derart zentralen Platz mit vielen Veranstaltungen wichtig. Ohne Pissoir könnte die Wildpinklerquote ansteigen.
Mitpostulantin Martina Zürcher (FDP) ergänzte, dass vom Pissoir alle profitieren würden, selbst jene, die es nicht nutzten. Sie sei froh, wenn die Schlange vor ihrem WC nicht noch länger werde.
Der Neubau eines Pissoirs käme für die Grünen zwar nicht in Fragen, sagte Sibylle Kauer. «Aber eine bestehende Anlage muss nicht abgerissen werden, es soll in der Stadt viele kostenlose WCs geben.»
Neuer Kiosk mit WC
Mit dem bewilligten Kredit soll unter anderem das alte Kioskgebäude auf der Stadthausanlage beim Bürkliplatz abgebrochen und durch einen Holzbau - mit Holz aus dem Stadtwald und einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach - ersetzt werden.
Dieser Standort leiste einen wichtigen Beitrag zur niederschwelligen und günstigen gastronomischen Versorgung, hielt der Stadtrat in seinem Antrag fest. Als Ergänzung zur hochpreisigen Ausrichtung der angrenzenden Bahnhofstrasse sei er unverzichtbar.
In das neue Kioskgebäude integriert werden unter anderem auch Räume für die Marktpolizei und zwei weitere öffentliche ZüriWC-Module. Das Toilettenhaus im Schweizer Holzstil von 1892, das wie der Musikpavillon, im Inventar der Schutzobjekte von kommunaler Bedeutung aufgeführt ist, bleibt bestehen. Das graue Pissoir aus den 1960er-Jahren soll auf Wunsch des Gemeinderates nun ebenfalls erhalten bleiben.
Mehr Bäume, aber nicht überall
Der Kredit beinhaltet auch eine Erweiterung des Baumbestandes. Die 39 heute noch vitalen Bäume sollen erhalten bleiben, dazu sollten 60 neue, zukunftsfähige Bäume gepflanzt werden.
Allerdings kommen vorerst nicht alle Bäume auf den Platz. Die Stadt fand mit den Markttreibenden einen Kompromiss. Damit diese ihre Waren weiterhin mit grossen Lieferwagen anliefern können, bleiben gewisse Abschnitte frei, wie Davy Graf (SP) sagte.
Dieser Baumkompromiss, der per Handschlag beschlossen wurde, wurde in der Debatte durchwegs positiv aufgenommen. Mehr Bäume seien zwar wichtig, hiess es seitens der Grünen. Aber auch ein lebendiger Marktbetrieb müsse weiterhin möglich sein.
Die rund 6600 Quadratmeter grosse Stadthausanlage wurde nach 1848 als Park im landschaftlichen Stil angelegt. Ursprünglich sollte hier das Bundeshaus stehen. Sie dient als Markt- und Veranstaltungsort und gilt als eine der bedeutendsten Anlagen der Stadt. Die Bauarbeiten sollen 2025 erfolgen.