Schwere und leichte Kost am 55. Visions du Réel
Insgesamt 165 Filme werden am 55. Visions du Réel gezeigt, wie die Veranstalter am Dienstag mitteilten. Darunter 88 Weltpremieren und 14 internationale Premieren. Zu den diesjährigen Gästen gehören unter anderem die Schweizer Regisseurin Carmen Jaquier («Foudre»), der scheidende künstlerische Leiter der Berlinale Carlo Chatrian oder die französische Schriftstellerin Christine Angot, wie am Dienstag bekannt wurde.
Zu den bereits bekannten Gästen gehören die französische Regisseurin Alice Diop und der chinesische Filmemachers Jia Zhangke, die beide eine Masterclass abhalten. Im Jahr 2022 wechselte die Filmemacherin Diop mit dem Film «Saint Omer» vom Dokumentar- zum Spielfilm. «Saint Omer» war für einen Goldenen Löwen in Venedig nominiert und vertrat Frankreich bei den Oscars 2023.
Die Filmografie des chinesischen Filmemachers Jia Zhangke nimmt sowohl Anleihen beim Genrekino als auch beim Dokumentarfilm. Er gewann unter anderem den Goldenen Löwen von Venedig für «Still Life» (2006) und wurde 2018 zum Jurypräsidenten von Locarno Film Festival berufen.
Starker Schweizer Film
Der Schweizer Film ist in Nyon gut vertreten. Die 55. Ausgabe bietet insgesamt 25 Schweizer Filme mit einer starken Präsenz der deutschsprachigen Szene. Wie im letzten Jahr wurden drei Schweizer Beiträge für den internationalen Wettbewerb für Langfilme ausgewählt, sagte die künstlerische Leiterin des Festivals, Emilie Bujès, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
«Far West» des Westschweizers Pierre-François Sauter zeigt die Auswirkungen des Tourismus auf den Kapverden. In «The Song of Others» stellt der Deutschschweizer Vadim Jendreyko auf einer Reise durch den Kontinenten kritische Fragen zu Europa und dem Wunsch nach endlosem Wachstum. «The Landscape and the Fury» der Oltnerin Nicole Vögele beleuchtet rund um die bosnisch-kroatische Grenze Fragen rund um Heimat und Gewalt, aber auch Zufall.
Im Wettbewerb Burning Lights, der neuen Formen des Films gewidmet ist, gibt es zwei weitere Deutschschweizer Produktionen: In «Preparations for a Miracle» lässt Tobias Nölle einen Androiden reisen, der die menschlichen Sitten beobachtet, und in «Tamina - Will There Ever Be What Used to Be?» begeben sich Beat Oswald, Lena Hatebur und Samuel Weniger auf die Suche nach Wölfen in den Bündner Alpen.
Blick über die Schweiz hinaus
Im nationalen Wettbewerb treten elf Schweizer Filme gegeneinander an: «Ähnlich wie in skandinavischen Produktionen geht es in Schweizer Filmen oft um etwas anderes als die Schweiz», sagte Bujès. So reiste Juliette Klinke («Everything Is Temporary») nach Burma, «Muzungu» von Ben Donateo und Michel Passos Zylberberg, wurde in Tansania gedreht und «Didy» von Gaël Kamilindi und François-Xavier Destors spielt in Ruanda.
Dokumentarfilme, die die Welt mit allen Facetten wie Krieg oder den Erlebnissen von Migration zeigen, sind keine leichte Kost. Um dieser Schwere zu entgehen, werden auch mehrere Filme mit einer gewissen Leichtigkeit gezeigt.
Bujès spricht über die politische Komödie «Shahid», in der die in Deutschland lebende iranische Regisseurin Nargs Kalhor das Wort «Shahid», das «Märtyrerin» bedeutet, aus ihrem Nachnamen streichen will. Es folgt ein bürokratischer Albtraum. Oder die absurden Kurzfilme des amerikanischen Autors und Regisseurs John Wilson, der einer der drei Ehrengäste ist.
Die Hälfte der Filme stammt von Frauen, wie die Veranstalter schrieben. Rund 3'300 Filme wurden eingereicht, was einer Zunahme von mehr als zehn Prozent entspricht.
Die 55. Ausgabe wird am Freitag, dem 12. April mit dem dänischen Film «As the Tide Comes In» von Juan Palacios et Sofie Husum Johannesen eröffnet.