Fribourg-Gottéron verblüfft mit Stehauf-Qualitäten
Kitschiger hätte sich das kein Drehbuchschreiber ausdenken können: Ausgerechnet Jan Dorthe, der einst auf der Tribüne der Eishalle St-Léonard mitfieberte, erzielte am Samstagabend in der zweiten Verlängerung das Siegtor gegen Lausanne, das Fribourg-Gottéron drei Matchpucks verschaffte.
Danach erinnerte sich Dorthe an ein Overtime-Tor von Killian Mottet, ebenfalls in den Playoffs gegen Lausanne, das er live miterlebt hatte. Vor drei Jahren war das, «und es war so laut in der Halle», erinnert sich der 19-jährige Freiburger in der Zeitung «La Liberté». Laut war es in der ausverkauften Arena auch diesmal, zum Glück für Dorthe. Er hatte nämlich gar nicht gesehen, dass sein Puck im Netz landete. Aber er wusste es gleich - wegen dem ohrenbetäubenden Jubel der Fans.
Jeden Abend ein anderer Held
Dorthe steht sinnbildlich für die Widerstandskraft, mit der die Freiburger verblüffen. Miserabler Saisonstart? Mit einer grossen Aufholjagd weggewischt. Eine 3:1-Führung gegen den SCB verspielt? Mit einem überzeugenden Auswärtssieg in Bern vergessen gemacht. Mit Jacob de la Rose und Topskorer Lucas Wallmark die beiden schwedischen Center verletzt ausgefallen? Egal, dann brillieren halt andere. Oder wie es Captain Julien Sprunger formuliert: «Jeden Abend finden wir einen anderen, der das Kostüm des Helden anzieht. Am Donnerstag war es der Älteste, heute (Samstag) der Jüngste.»
Der 20 Jahre ältere Sprunger hatte in Spiel 3 in Lausanne in der Verlängerung das Siegtor erzielt, am Samstag mit einem brillanten Sololauf über das ganze Feld mit seinem 400. NLA-Goal das 3:2. Sprunger, der in seiner Karriere nie für einen anderen Klub gespielt hat, erfreut sich gerade eines dritten Frühlings. Dorthe auf der anderen Seite steht noch ganz am Anfang seiner Karriere. Er war nach einem guten Start in die Saison einer der wenigen, die vom Trainerwechsel von Pat Emond zu Lars Leuenberger nicht profitierten. Er rutschte nur wegen der Absenzen von Wallmark und De la Rose als 13. Stürmer ins Team und kam erst zu Eiszeit, als nach zwei Dritteln auch noch Nathan Marchon ausfiel.
An den Widerständen gewachsen
Fribourg wächst aber in diesem Jahr an den Widerständen. Und Trainer Lars Leuenberger, der Ende Saison als Assistent von Roger Rönnberg wieder ins zweite Glied zurücktreten wird, sieht genau den schwierigen Saisonverlauf als ein Grund für die Resilienz und den Zusammenhalt seines Teams. Auch nach dem Lausanner Ausgleich weniger als fünf Sekunden vor dem (vermeintlichen) Matchende raffte man sich am Samstag noch einmal auf. «Ich habe ihnen in der Pause gesagt: So ist das Leben. Es gibt keinen Grund zu weinen.»
Für Leuenberger ist klar: «Eine Mannschaft, die nicht zusammenhält, schafft nicht, was wir geschafft haben. Und die Zeit bis Dezember, die Sch...saison, die sie hatten, das zahlt sich jetzt aus.» Sie wüssten, das war nicht schön. Nun schreiben sie aber eine schöne Geschichte, eine, die noch nicht zu Ende ist.
Sprunger erinnert daran, dass man auch gegen Bern 3:1 führte und den Sack erst im entscheidenden siebten Spiel zumachen konnte. Am Dienstag können er und seine Teamkollegen den letzten Schritt in den Final, den fünften der Vereinsgeschichte und ersten seit 2013, machen. «Aber daran dürfen wir nicht denken», so der Captain. «Wir müssen einfach genau so weiterspielen.» Man darf gespannt sein, ob wieder ein neuer Held hervortritt.