Ein Schritt in die richtige Richtung
«Es kann nicht sein, dass wir wie im vergangenen Jahr alle drei Partien am Heimturnier verlieren», sagte Nationaltrainer Fischer vor dem letzten Spiel in Zürich gegen Finnland. Genau das ist nun aber mit der 3:4-Niederlage nach Verlängerung eingetroffen, nachdem die Schweizer bereits Mitte November am ersten Turnier in dieser Saison im Rahmen der Euro Hockey Tour sieglos blieben.
Am vergangenen Dienstag gab Swiss Ice Hockey bekannt, dass bald Verhandlungen bezüglich der Verlängerung des bis 2024 laufenden Vertrages mit Fischer bis nach der Heim-WM 2026 aufgenommen werden. Doch wäre es mit den letzten Resultaten nicht besser abzuwarten, zumal die Schweizer an den letzten drei Weltmeisterschaften jeweils als Favorit in den Viertelfinal gingen und dreimal scheiterten?
Nein. Denn die Verantwortlichen sind von der Arbeit von Fischer überzeugt, und dann ist dieser Schritt nichts als konsequent. Ansonsten steht die Frage um die Zukunft des 48-Jährigen stets im Raum, was nicht förderlich ist. Zudem wollen die Spieler mit ihm weiterarbeiten. Und Hand aufs Herz: Wer hielt es für möglich, dass die Schweizer an einer WM zweimal hintereinander Gruppensieger werden?
Aber klar, davon können sich die Schweizer nichts kaufen, wenn die wichtigste Partie in der Folge verloren geht. Dessen ist sich der gross denkende Fischer selbstredend bewusst. Deshalb hat er den Druck auf die Spieler erhöht. Er will fortan an einer WM nur noch auf jene setzen, die entscheidende Begegnungen lieben.
Zu viele Fehler, zu wenig kaltblütig
Diese zu finden, dafür bietet die Euro Hockey Tour eine ideale Gelegenheit. Denn gegen solche Topgegner werden Fehler gnadenlos bestraft, wofür das Turnier in Zürich der beste Beweis war. Die Schweizer waren nicht schlechter als Tschechien (2:3 n.V.) und Finnland - auch gegen Schweden (2:4) fehlte nicht viel zum ersten Sieg gegen die Skandinavier seit dem 7. April 2016. Aber eben, den Schweizern unterliefen zu viele Fehler, und vorne fehlte einmal mehr die Kaltblütigkeit.
Allerdings waren die Auftritte nicht zu vergleichen mit jenen Mitte November in Tampere, wo die Schweizer keinen Punkt holten und zweimal zu Null verloren. Die Spielauslösungen, die thematisiert wurden, waren deutlich besser. Nun gilt es noch, den nötigen Killerinstinkt hinzubekommen. Doch wie gelingt das, zumal das schon lange ein Thema ist, wenn keine Spieler aus der NHL dabei sind?
«Wir müssen mehr den Abschluss suchen», sagte Calvin Thürkauf. «Die Kaltblütigkeit kommt mit dem Vertrauen in den eigenen Schuss. Wir vergaben auch heute (gegen Finnland) wieder ein, zwei Chancen, weil wir einen Pass spielten, statt zu schiessen.» Thürkauf weiss, wovon er spricht. Der 26-jährige Stürmer des HC Lugano hat einen grossen Entwicklungsschritt gemacht, ist aktuell der Topskorer der National League.
Am Turnier in Zürich zeichnete sich Thürkauf als vierfacher Torschütze aus. Auch Sven Andrighetto verdiente sich nicht nur wegen seiner vier Assists eine Top-Note. Die beiden wurden denn auch zusammen mit Verteidiger Christian Marti zu den besten Schweizer Spielern des Heimturniers gekürt.
Geringere Breite
«Wir müssen dankbar sein, nun regelmässig gegen solche Gegner antreten zu dürfen», sagte Lars Weibel, der Direktor Sport bei Swiss Ice Hockey. «Das bringt uns mehr - und das meine ich nicht despektierlich -, als wenn wir gegen die Slowakei und Norwegen 5:0 gewinnen und das Gefühl haben, super zu sein. Ich sah viele gute Sachen, aber auch viele Dinge, an denen es weiterhin zu arbeiten gilt.»
Dass Schweden, Finnland und Tschechien Topgegner sind, steht ausser Frage. Jedoch liegen die Osteuropäer in der Weltrangliste einen Rang hinter den Schweizern (7.) und haben in der Euro Hockey Tour dennoch fünf von sechs Partien in dieser Saison gewonnen. «Das sind Fakten, ja, wir sind noch nicht dort, wo wir sein wollen», gibt Weibel zu.
Allerdings ist den Schweizern zugute zu halten, dass sie über deutlich weniger Lizenzierte verfügen als die anderen drei Teams der Euro Hockey Tour. Deshalb ist die Breite an Topspielern hierzulande logischerweise kleiner als bei diesen Ländern und fällt es schwerer ins Gewicht, dass bei den Aufgeboten auf die Vereine Rücksicht genommen wird und frühestens im April NHL-Verstärkungen zur Verfügung stehen. Auf solche ist die Schweiz angewiesen, um die hohen WM-Ziele erreichen zu können, das steht ausser Frage.
Wie auch immer war das Turnier in Zürich ein Schritt in die richtige Richtung. «Wir befinden uns auf einem Weg», sagte Fischer. «Die Reaktion der Mannschaft hat mir extrem gut gefallen. Wir sind schlecht bedient mit diesen drei Niederlagen, es hätte gerade so gut in die andere Richtung drehen können. Zum Glück zählt es noch nicht richtig. Der Teamspirit ist da, nun müssen wir einfach noch ein paar Dinge abstellen. Wir sind froh, dass das Jahr 2023 für das Schweizer Nationalteam endlich vorbei ist und freuen uns auf 2024.»