Trump provoziert mit Gewaltfantasie zu Kritikerin Liz Cheney
Ein bekanntes Muster in einer brenzligen Lage
Trump ist bekannt dafür, politische Gegner zu beschimpfen, lächerlich zu machen und verbal hart anzugreifen. Er nutzt regelmässig hasserfüllte Sprache und ist ein Meister der Mehrdeutigkeit, um gezielt Verwirrung zu stiften - um etwa gewaltverherrlichende Aussagen von sich zu geben und im Nachhinein jede Grenzüberschreitung von sich zu weisen. Die Äusserung zu Cheney nur wenige Tage vor der Präsidentschaftswahl am Dienstag sticht aber auch für seine Verhältnisse heraus.
Sie fällt noch dazu in eine Zeit, in der bereits grosse Angst umgeht, dass es rund um die Wahl zu politischer Gewalt kommen könnte. Trump war selbst im Wahlkampf Opfer eines Attentats geworden, bei dem er leicht verletzt wurde. Die Stimmung in den USA ist extrem angespannt.
Die frühere republikanische Kongressabgeordnete Cheney, die Tochter des früheren Vizepräsidenten Dick Cheney, gehört zu Trumps härtesten innerparteilichen Kritikern. Ihr Widerstand gegen den Ex-Präsidenten kostete sie 2022 die Wiederwahl ins Repräsentantenhaus, da Trump sich im Wahlkampf offensiv gegen sie stellte und allerlei Strippen zog. Cheney hat mit ihrer Kritik seither nicht nachgelassen, sondern unterstützt inzwischen Trumps demokratische Kontrahentin Kamala Harris im Wahlkampf und ist bereits mehrfach gemeinsam mit ihr aufgetreten.
«Wenn ihr die Waffen ins Gericht gerichtet sind.»
Bei seinem Auftritt in Glendale im politisch umkämpften Bundesstaat Arizona nannte Trump Cheney eine «radikale Kriegstreiberin» und schlug dann vor, sie in eine Situation zu bringen, in der sie «mit einem Gewehr dasteht, während neun Gewehrläufe auf sie feuern». Dann fuhr er fort: «Lasst uns sehen, wie sie das findet, wenn die Waffen ihr ins Gesicht gerichtet sind.» Politiker wie sie seien Kriegstreiber, wenn sie in ihren netten Gebäuden in Washington sässen und sich entschieden, 10.000 Soldaten «ins Maul des Gegners zu schicken», sagte Trump weiter.
Auf der Plattform X teilte Liz Cheney einen Ausschnitt des Videos und schrieb dazu: «So zerstören Diktatoren freie Nationen. Sie bedrohen diejenigen, die gegen sie sprechen, mit dem Tod.» Trump nannte sie einen «kleinen, rachsüchtigen, grausamen, instabilen Mann», der ein Tyrann sein wolle. Mit dem Hashtag «#VoteKamala» rief sie ausserdem erneut zur Wahl von Harris auf.
Auch Harris' Wahlkampfteam verbreitete auf X einen Ausschnitt mit den zwei am schlimmsten klingenden Sätzen Trumps über Cheney. Trumps Team warf Harris' Kampagne daraufhin vor, die Äusserung aus dem Kontext zu reissen. Dies ist eine bekannte Strategie nach provokanten Ansagen des Ex-Präsidenten.
Trumps Äusserungen fielen bei einem Gespräch mit dem rechten Moderator Tucker Carlson. Dabei sprach der Republikaner mit Blick auf seine politischen Gegner auch abermals vom «inneren Feind» und von «Feinden des Volkes».
Nachdem Trump im Juli nur knapp ein Attentat überlebt hatte - die Kugel streifte sein Ohr - machten einige Politiker der Republikaner dafür die Rhetorik der Demokraten verantwortlich, die ihn als eine Gefahr für die Demokratie darstellten. Dabei teilt Trump selbst regelmässig gegen seine Widersacher aus. Über Harris sagte er in Arizona, sie sei «dumm wie ein Stein», und die Demokraten bezeichnete er als Gefahr für die Demokratie.
Die Mär vom Wahlbetrug
Trump verbreitete ausserdem erneut - allerdings nun intensiver als zuletzt - das Narrativ, dass ihm ein Wahlsieg nur durch Betrug zu nehmen sei. «Das Einzige, was uns stoppen kann, ist Betrug», sagte der Ex-Präsident. Er behauptete, er führe in jedem der sieben umkämpften Bundesstaaten - den sogenannten Swing States, die die Wahl entscheiden werden. Umfragen geben das nicht her - sie deuten aber insgesamt auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen hin. Trump behauptete auch ohne jeden Beleg, man habe bereits verschiedene Betrugsversuche aufgedeckt.
Auch vor der Wahl 2020, die der damalige Amtsinhaber gegen den Demokraten Joe Biden verlor, hatte Trump ohne Unterlass solche Darstellungen verbreitet. Nach der Abstimmung gab er damals vor, die Demokraten hätten ihm den Sieg durch grossangelegten Wahlbetrug genommen. Dutzende Klagen des Trump-Wahlkampfteams scheiterten jedoch vor Gerichten. Es gab nie Hinweise auf Unregelmässigkeiten, die den Ausgang der Abstimmung verändert hätten. Trump blieb dennoch bei seiner Erzählung.
Sein Feldzug gegen den Wahlausgang gipfelte damals am 6. Januar 2021 im Sturm seiner Anhänger auf das Kapitol in Washington, den Sitz des US-Kongresses. Trump hatte seine Unterstützer an jenem Tag zuvor mit den Wahlbetrugsbehauptungen angestachelt und sie unter anderem aufgerufen, zum Kapitol zu marschieren und «wie der Teufel» zu kämpfen.
Harris setzt auf Kontrastprogramm
Die demokratische Präsidentschaftskandidatin Harris bemüht sich im Wahlkampfendspurt um einen grösstmöglichen Kontrast zu Trump. Der Ex-Präsident wolle die Amerikaner spalten, sagte sie bei einer Kundgebung. Aber sie setze auf Einheit: «Wir haben so viel mehr gemeinsam.» Zu Trumps jüngster Äusserung, er werde Frauen beschützen, egal «ob es den Frauen gefällt oder nicht», sagte sie, der Republikaner sei jemand, der die Freiheit der Frauen einfach nicht respektiere.