Suchtwirkung von Fentanyl wird von zwei Gehirnregionen gesteuert
«Was wir herausgefunden haben, verändert das Verständnis von Opioid-Abhängigkeiten», sagte Studienleiter Christian Lüscher am Mittwoch auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Das Opioid Fentanyl ist ein starkes Schmerzmittel. Es wird aber auch häufig als Droge missbraucht. In den USA ist es für drei Viertel aller Todesfälle durch Überdosierung verantwortlich, wie die Universität Genf in einer Mitteilung schreibt. «Fentanyl ist wahnsinnig potent», betonte Lüscher. Es brauche nur einen Bruchteil eines Gramms, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Im Vergleich zu Heroin sei es etwa 20 bis 40 Mal stärker.
Trotz der Schäden, die das Opioid anrichte, sei das Wissen über seine Wirkung im Gehirn lückenhaft. Für die nun im Fachmagazin «Nature» veröffentlichte Studie hat Lüscher deshalb zusammen mit französischen Kolleginnen und Kollegen Mäusen Fentanyl verabreicht und untersucht, was in ihren Gehirnen passiert.
Verschiedene Schaltkreise
Wie andere Opioide auch, löst Fentanyl starke euphorische Effekte hervor, wenn es eingenommen wird. Wird es dann nicht mehr eingenommen, können Entzugseffekte auftreten. In der Wissenschaft spricht man dabei von positivem und negativem Reinforcement. Bisher waren Forschende davon ausgegangen, dass diese beiden Wirkungen in der gleichen Hirnregion stattfinden.
Die Studie zeigte nun, dass das positive Reinforcement im sogenannten mesolimbischen System des Gehirns stattfindet. Das negative Reinforcement aktiviert hingegen eine andere Gehirnregion. Laut der Universität Genf handelt es sich dabei um eine bisher unbekannte Zellpopulation, die sich in der Hirnregion der zentralen Amygdala befindet, die mit Angst und Furcht in Verbindung steht.
Das Wissen, dass diese beiden Effekte durch zwei verschiedene Schaltkreise laufen, erklären laut der Universität Genf, warum Substanzen wie Fentanyl ein besonders hohes Suchtpotenzial haben, da sich die beiden Mechanismen addieren.
Ausserdem könnten die Resultate laut Lüscher möglicherweise dabei helfen, Schmerzmittel zu entwickeln, die weniger abhängig machen.