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Schaffhauser Regierung reagiert auf Kritik an Polizei und Justiz

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Schaffhauser Regierung reagiert auf Kritik an Polizei und Justiz

30. Mai 2024, 11:02 Uhr
Die Schaffhauser Polizei steht nach einem Beitrag der «Rundschau» in der Kritik. Der Schaffhauser Regierungsrat hat eine Untersuchung angekündigt. (Symbolbild)
© KEYSTONE/CHRISTIAN BEUTLER
Der Schaffhauser Regierungsrat hat auf die in einem Beitrag der «Rundschau» geäusserte Kritik an den Schaffhauser Strafverfolgungsbehörden reagiert. Ein externer Experte soll das Vorgehen der Polizei in dem Fall untersuchen.

Der Schaffhauser Regierungsrat beauftragte den früheren Strafrechtsprofessor Andreas Donatsch mit der Untersuchung, wie er am Donnerstag mitteilte. Die Untersuchung beschränkt sich ausdrücklich auf das Verhalten der Polizei in dem von der «Rundschau» kritisierten Fall.

Explizit ausgeklammert ist die Arbeit der Staatsanwaltschaft, die in dem Fernsehbeitrag ebenfalls kritisiert wurde. Eine externe Untersuchung zur Arbeit der Staatsanwaltschaft in einem laufenden Verfahren wäre nach Ansicht der Regierung eine unzulässige Beeinflussung.

Die beiden zuständigen Regierungsräte, Regierungsrätin Cornelia Stamm Hurter (SVP) als Zuständige für die Polizei sowie Regierungsrat Dino Tamagni (SVP) als Verantwortlicher für die Justiz, stellen sich aber grundsätzlich hinter die Arbeit ihrer Behörden, wie aus der Mitteilung hervorgeht. Soweit sie ins Bild gesetzt wurden, würden sie keine relevanten Fehler in der Verfahrensführung und keine Rechtsverweigerung erkennen, heisst es. In dem Verfahren seien auch keine aufsichtsrechtlichen oder strafprozessualen Beschwerden erhoben worden.

Für die beiden SVP-Mitglieder im fünfköpfigen Schaffhauser Regierungsrat kommen die Vorwürfe zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt: In rund zweieinhalb Monaten finden im Kanton Schaffhausen Regierungsratswahlen statt. Stamm Hurter und Tamagni kandidieren für eine weitere Amtszeit.

Bericht zeigte brutale Aufnahmen

Die «Rundschau» von SRF berichtete in ihrer Ausgabe von vergangener Woche über das laufende Verfahren zu einer mutmasslichen Prügelattacke auf die 43-jährige Schaffhauserin Fabienne W. in der Wohnung eines Anwalts. Die Frau erlitt dabei schwere Verletzungen. Der Vorfall ereignete sich Ende 2021.

Die Tat wurde von zwei Überwachungskameras im Wohnzimmer des Anwalts aufgezeichnet. Auf den von der «Rundschau» ausgestrahlten Ausschnitten war zu sehen, wie die Frau in den frühen Morgenstunden von mindestens zwei Männern attackiert wurde.

Gemäss der Schilderung der Frau ereignete sich die Tat knapp zwei Wochen, nachdem sie Opfer einer Vergewaltigung wurde. Der Anwalt habe versucht, sie davon abzuhalten, den Täter anzuzeigen. Das Verfahren wegen Vergewaltigung wurde von der Staatsanwaltschaft eingestellt. Dagegen ist eine Beschwerde vor Gericht hängig.

Polizei im Fokus der Kritik

Die schwerwiegendsten im «Rundschau»-Beitrag erhobenen Vorwürfe richten sich gegen die Polizei. Diese habe im Nachgang zu der Prügel-Attacke geradezu dilettantische Ermittlungsarbeit geleistet.

Die Staatsanwaltschaft beauftragte die Polizei kurz nach der Tat mit einer Hausdurchsuchung in der Anwaltswohnung. Sichergestellt werden sollten Datenträger mit den Bildaufnahmen der Überwachungskameras. Stattdessen filmte ein Polizist Aufnahmen vom Smartphone des Anwalts ab, welcher dieser ihm zeigte - ohne Ton.

Tags darauf musste die Polizei erneut anrücken, um auch noch die Bilder der zweiten Kamera zu sichern. Dieser Auftrag wurde - wiederum gemäss «Rundschau» - ebenfalls nicht sauber ausgeführt. Die Staatsanwaltschaft wies die Vorwürfe zurück.

Die Bericht führte am vergangenen Samstag zu einer Kundgebung von mehreren hundert Personen in Schaffhausen. Diese warfen den Strafverfolgungsbehörden in diesem, aber auch in anderen Fällen von Gewalt- und Sexualdelikten an Frauen, vor, zu wenig professionell und konsequent zu ermitteln.

Fabienne W. soll zuerst zugeschlagen haben

Am Donnerstag publizierten sowohl die «Schaffhauser AZ» als auch die «Schaffhauser Nachrichten» ausführliche Berichte über den Vorfall, die auf Aussagen von beim Vorfall in der Wohnung anwesenden Personen beruhen. Sie schildern den Hergang völlig anders als das mutmassliche Opfer in der «Rundschau». Gemäss den in den beiden Schaffhauser Lokalzeitungen zitierten Männern kippte die Stimmung an dem zunächst feuchtfröhlichen Abend schon einige Zeit vor den körperlichen Angriffen in den frühen Morgenstunden.

Fabienne W. sei mehrfach gebeten worden, die Wohnung zu verlassen, beziehungsweise sogar hinausbegleitet worden. Sie sei jedoch zurückgekehrt, habe Gegenstände in der Wohnung demoliert und einen der anwesenden Männer attackiert. Erst danach sei es zu den in dem Fernsehbeitrag gezeigten Angriffen auf sie gekommen.

Quelle: sda
veröffentlicht: 30. Mai 2024 11:02
aktualisiert: 30. Mai 2024 11:02