Nationalrat lehnt systematische Personenkontrollen an der Grenze ab
Die erste Motion von Thomas Aeschi (SVP/ZG) forderte systematische Personenkontrollen an der Schweizer Landesgrenze, um Personen ohne gültigen Aufenthaltstitel oder andere Einreiseberechtigung zurückzuweisen. Mit einer zweiten Motion wolle Alfred Heer (SVP/ZH) den Bundesrat zu Massnahmen auffordern, damit Personen aus Europaratsstaaten kein Asyl mehr in der Schweiz erhalten können.
Die grosse Kammer lehnte die beiden Vorstösse deutlich ab - mit 112 zu 69 Stimmen bei 5 Enthaltungen beziehungsweise mit 120 zu 65 Stimmen bei 2 Enthaltungen. Die Motionen sind damit erledigt.
«Ich verstehe die Welt nicht mehr»
Die SVP-Fraktion hatte die ausserordentliche Session mit dem Titel «Schutz der Schweizer Landesgrenzen» erwirkt. «Die Lage ist dramatisch», gab Aeschi zu bedenken. Die Schweiz registriere Jahr für Jahr zehntausende illegale Grenzübertritte. «Wir haben schlicht die Kontrolle verloren.» Kosten und Kriminalität explodierten.
Auch viele Personen aus sicheren Drittländern stellten ein Asylgesuch in der Schweiz, hielt Heer fest. Am zweitmeisten Asylgesuche stammten von Personen aus der Türkei, einem Europaratsstaat. «Ich verstehe die Welt nicht mehr.»
Jans rechtfertigt Ablehnung des Bundesrats
Justizminister Beat Jans beantragte im Namen des Bundesrats die Ablehnung der beiden Motionen. Die Voraussetzungen für die Einführung von Binnengrenzkontrollen seien für die Schweiz nach wie vor nicht gegeben. Weder die öffentliche Ordnung noch die innere Sicherheit seien zurzeit ernsthaft bedroht. Zudem hätten Kontrollen an den Binnengrenzen wenig oder keinen Einfluss auf die irreguläre Sekundärmigration, sagte Jans.
Da nicht alle Mitgliedstaaten des Europarats als verfolgungssichere Staaten nach schweizerischem Asylrecht betrachtet werden könnten und jedes Asylgesuch individuell geprüft werden müsse, sei auch die Motion von Heer abzulehnen. Die Schweiz überprüfe die Liste der «Safe Countries» (sicheren Länder) regelmässig.
Der Ständerat hatte am Mittwoch zwei gleichlautende Motionen zur Vorprüfung an die zuständige Kommission zurückgewiesen. Er wird später darüber entscheiden. Sagt die kleine Kammer Ja dazu, wird sich erneut der Nationalrat dazu äussern müssen.