Komplizierte Regierungsbildung in Bulgarien erwartet
Das Mitte-Rechts-Bündnis Gerb-SDS des einstigen dreimaligen Regierungschefs Boiko Borissow erhielt 26,4 Prozent der Stimmen, gefolgt von seinem politischen Konkurrenten, dem liberal-konservativen Bündnis PP-DB mit 14,2 Prozent, wie die Zentrale Wahlkommission nach Auszählung von 99,7 Prozent der Wahlprotokolle am Tag nach der Wahl mitteilte. Bis zu neun politische Kräfte könnten die Vier-Prozent-Hürde für den Einzug ins Parlament überwinden.
Schwierige Regierungsbildung befürchtet
Diese nie da gewesene Zersplitterung der Volksversammlung dürfte die Regierungsbildung erschweren. «Es wird keinen Ausweg aus der politischen Krise geben», sagte der Politologe Slawi Wassilew dem Staatsradio in Sofia. Wahlsieger Borissow sei nicht in der Lage, eine stabile Regierung zu bilden.
Das prowestliche PP-DB-Lager lehnt Borissow als künftigen Regierungschef ab, da es ihm korrupte Amtsführung bei seinen drei Regierungen bis 2021 vorwirft. Dennoch hatten beide prowestlichen Lager etwas weniger als ein Jahr lang gemeinsam regiert - allerdings ohne Koalitionsvertrag. Ob sich eine derartige Koalition jetzt wiederholen könnte, war auch am Tag nach der Wahl noch offen. Zudem wäre ein dritter Regierungspartner notwendig, damit eine Mehrheit von 121 der insgesamt 240 Parlamentarier zustande kommen kann.
Borissow will regieren
Borissow zeigte sich in der Wahlnacht entschlossen, eine Regierung bilden zu wollen. «Ich werde mit jedem regieren, der unser Programm unterstützt», sagte er. Dabei schloss er die prorussische, nationalistische und populistische Partei Wasraschdane (Wiedergeburt) als Regierungspartner aus. Die schaffte es laut vorläufigen amtlichen Angaben mit 13,4 Prozent auf den dritten Platz.
Protestvotum für kleine Parteien
Ein populistischer Quereinsteiger landete den vorläufigen Ergebnissen zufolge auf Anhieb mit 4,6 Prozent auf dem achten Platz. Mit 4,01 Prozent steht eine weitere populistische Partei ohne prowestliches Profil, Welitschie, auf der Kippe. Beide Parteien seien symptomatisch für ein Protestvotum gegen die anderen Parteien, kommentierte die Soziologin Ewelina Slawkowa im TV-Sender Nova.