EGMR-Urteil für Grüne Alt-Bundesrichterin «nicht haltbar»
Im Fall der Klimaseniorinnen gehe das EGMR in der Urteilsbegründung auf die zentralen Fragen kaum ein, sagte Pfiffner in einem am Sonntag publizierten Interview mit der «SonntagsZeitung». Die Zürcherin war während rund zehn Jahren Richterin am Bundesgericht.
Eine der Fragen laute, weshalb ein Verein beschwerdeberechtigt sei und in welchem Menschenrecht der Verein der Klimaseniorinnen verletzt sei. «Das wird im 138-seitigen Urteil auf nur elf Zeilen abgehandelt», sagte sie. Die Begründung habe gelautet, «weil die Sache wichtig ist», zitierte die ehemalige Bundesrichterin.
Auch auf die Frage, inwiefern der Verein wegen der Schweizer Klimapolitik in seinem «Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens» eingeschränkt sei, finde sich keine überzeugende Antwort. «Es kann aus logischen Gründen auch gar keine geben: Das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens kann nur einer natürlichen Person zukommen», sagte Pfiffner.
Ansehen sinkt
«Mit solch politisch gefärbten Urteilen untergräbt das Gericht seine Glaubwürdigkeit», sagte sie. In vielen Ländern sei das Ansehen des Gerichtshofs bereits am Sinken. In Deutschland, Österreich und England werde diskutiert, ob EGMR-Urteile noch als bindend betrachtet werden müssen oder bloss als Empfehlungen.
Der Gerichtshof war Anfang April auf eine Beschwerde des Vereins Klimaseniorinnen eingetreten und stellte eine Verletzung der Menschenrechtskonvention fest. Die Schweiz ist laut Gericht ihren Aufgaben beim Klimaschutz nicht nachgekommen. Die Schweizer Politik nahm den Entscheid sehr unterschiedlich auf. Rot-Grün sowie Umweltverbände begrüssten den Richterspruch. Von bürgerlicher Seite hiess es, es sei gefährlich, wenn Gerichte Politik machten.