Bundesregierung schliesst alle iranischen Generalkonsulate
Betroffen sind 32 iranische Konsularbeamte, die ihr Aufenthaltsrecht verlieren und ausreisen müssen, sofern nicht auch die deutsche Staatsbürgerschaft haben.
Die Reaktion auf die Hinrichtung fällt damit härter aus als von vielen erwartet. Bisher griff die Bundesregierung nur einmal zu einer solchen Strafmassnahme: Infolge des Angriffs auf die Ukraine wurden vier russische Generalkonsulate geschlossen, allerdings mit Verzögerung. Die Entscheidung wurde erst 15 Monate nach der Invasion im Mai 2023 als Reaktion auf die Ausweisung Hunderter deutscher Staatsbediensteter getroffen und erst zum Jahreswechsel 2023/24 umgesetzt.
Etwa 300 000 Iraner in Deutschland
Die Botschaft des Irans in Berlin bleibt geöffnet und ist weiter für die konsularische Betreuung der 300.000 Iraner in Deutschland zuständig. Über die Zahl der Mitarbeiter an der Botschaft gibt das Auswärtige Amt keine Auskunft.
Irans Justiz hatte Sharmahds Hinrichtung am Montag bekanntgegeben. Er wurde im Frühjahr 2023 in einem umstrittenen Prozess nach Terrorvorwürfen zum Tode verurteilt. Die Bundesregierung, Angehörige und Menschenrechtler wiesen die Anschuldigungen gegen ihn vehement zurück.
Neuer Tiefpunkt in den deutsch-iranischen Beziehungen
Die ohnehin schon stark eingeschränkten deutsch-iranischen Beziehungen sind mit der Schliessung der Generalkonsulate auf einem neuen Tiefpunkt angelangt. Es ist gut möglich, dass der Iran zu Gegenmassnahmen greift.
Bereits nach dem Todesurteil gegen Sharmahd hatte das Auswärtige Amt zwei iranische Diplomaten ausgewiesen. Der Iran reagierte seinerseits mit der Ausweisung derselben Zahl deutscher Diplomaten. Das ist ein übliches Vorgehen in solchen Fällen.
Die Europäische Union berät auch über weitere Sanktionen gegen den Iran. Dabei könnte es um Personen gehen, die mit der Hinrichtung, Inhaftierung oder dem Gerichtsverfahren zu tun haben, das von der Bundesregierung als nicht rechtsstaatlich erachtet wird.
Baerbock hatte «schwerwiegende Folgen» angekündigt
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Baerbock hatten die Hinrichtung schon am Montag scharf verurteilt. Baerbock kündigte «schwerwiegende Folgen» an und liess den Leiter der iranischen Botschaft in Berlin ins Auswärtige Amt einbestellen. Staatssekretärin Susanne Baumann übermittelte ihm in einem Gespräch den «scharfen Protest gegen das Vorgehen des iranischen Regimes»
Einen iranischen Botschafter gibt es derzeit nicht in Berlin. Der bisherige Botschafter ist im Zuge eines regulären Personalwechsels ausgereist und ein Nachfolger bisher nicht eingetroffen. Nach der Tötung Sharmahds gilt es als unwahrscheinlich, dass zeitnah ein neuer Botschafter entsendet wird.
Auswärtiges Amt warnt vor Reisen in den Iran
Der deutsche Botschafter in Teheran, Markus Potzel, wurde von Baerbock zu «Konsultationen» nach Deutschland zurückbeordert. Er hat den Iran inzwischen verlassen. Wann er zurückkehrt, ist ebenfalls völlig offen.
Das Auswärtige Amt warnt vor Reisen in den Iran und hat deutsche Staatsangehörige bereits aufgefordert, das Land zu verlassen. Wie viele Deutsche noch im Land sind, ist unklar. Eine niedrige dreistellige Zahl hat sich auf der Krisenvorsorgeliste des Auswärtigen Amts eingetragen.
Sharmahd kam im Alter von sieben Jahren nach Deutschland
Sharmahd wurde 1955 in Teheran geboren, kam im Alter von sieben Jahren nach Deutschland und wuchs in Niedersachsen auf, wo er in der Landeshauptstadt Hannover jahrelang einen Computerladen betrieb. Im Jahr 2003 zog er schliesslich nach Kalifornien in den USA, wo er politisch aktiv war.
In den USA war Sharmahd in der iranischen Exil-Oppositionsgruppe «Tondar» (Donner) aktiv. Die iranische Staatsführung wirft der monarchistischen Organisation vor, für einen Anschlag im Jahr 2008 in der Millionenstadt Schiras mit mehreren Todesopfern verantwortlich zu sein. Die Vorwürfe lassen sich unabhängig nicht überprüfen - Hinterbliebene der Toten hatten Sharmahds Exekution gefordert.
Kritiker bezeichneten den Prozess gegen Sharmahd als grob unfair. Er durfte keinen eigenen Anwalt wählen, und sein Aufenthaltsort blieb bis zuletzt unbekannt. Geständnisse, die im Staatsfernsehen ausgestrahlt wurden, könnten unter Folter erzwungen worden sein. Den Vorsitz im Sharmahd-Prozess hatte Abolghassem Salawati, auch bekannt als «Richter des Todes», der von den USA und der Europäischen Union mit Sanktionen belegt wurde.