Beim Sex gilt ab heute der Grundsatz «Nein heisst Nein»
Eine Vergewaltigung, ein sexueller Übergriff oder eine sexuelle Nötigung liegen neu vor, wenn das Opfer mit Worten, Gesten oder durch Erstarren («Freezing») ausgedrückt hat, dass es mit der Handlung nicht einverstanden ist. Wenn ein Opfer wegen eines Schockzustandes seine Ablehnung nicht verbal äussert, wird dies also ebenfalls als «Nein» gewertet.
Bisher lag eine Vergewaltigung oder eine sexuelle Nötigung erst dann vor, wenn der Täter oder die Täterin das Opfer bedroht oder Gewalt ausgeübt hatte. Diese Voraussetzung gilt neu nicht mehr.
Der Tatbestand der Vergewaltigung umfasst zudem neu nicht nur den Beischlaf gegen den Willen des Opfers, sondern auch «beischlafsähnliche Handlungen» die mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind. Damit würden laut dem Bundesrat deutlich mehr sexuelle Handlungen als Vergewaltigung gelten.
Strafbar ist ab heute auch das sogenannte Stealthing: Dieser Tatbestand liegt bei einvernehmlichem Sex vor, wenn eine beteiligte Person aber heimlich und ohne vorgängiges Einverständnis der anderen Person das Kondom abstreift oder von Anfang an keines benutzt.
Zudem können Menschen, die beschuldigt werden, jemanden sexuell belästigt zu haben, neu zur Teilnahme an einem Lernprogramm verpflichtet werden. Nach gewissen Delikten konnten Täterinnen und Täter indes bereits zuvor, im Sinne der Prävention, zu einem solchen Programm verpflichtet werden.
Cybergrooming von Revision ausgenommen
Das Parlament hatte das revidierte Sexualstrafrecht im Juni 2023 verabschiedet. Besonders umstritten war, ob nun «Nein heisst Nein» oder der Weg über «Ja heisst Ja» gewählt werden sollte. Sexuelle Handlungen hätten gemäss diesem Grundsatz nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Beteiligten stattfinden dürfen.
Umstritten war auch, ob Cybergrooming explizit unter Strafe gestellt werden sollte - gemeint ist das Anbahnen von Kontakten mit unter 16-Jährigen mit der Absicht, eine Sexualstraftat zu begehen. Das Parlament verzichtete schliesslich auf einen solchen Passus.
Die zuständige Kommission des Ständerates, der sich in diesem Punkt durchsetzte, hatte Abgrenzungsprobleme angeführt. Ebenso hatte sie argumentiert, dass der heutige gesetzliche Rahmen genüge, um Taten dieser Art zu ahnden. Der Nationalrat hatte Cybergrooming zuvor unter Strafe stellen wollen, schloss sich dann aber stillschweigend dem Ständerat an.