Armee: Weitere Hamas-Geisel aus Gaza gerettet
Erste aus Tunnel befreite Geisel
Spezialeinheiten hätten ihn aus einem Tunnel befreit, in dem sie Geiseln und Terroristen vermuteten, teilte die Armee mit. Der Mann, der israelischen Medien zufolge elf Kinder hat, ist demnach die erste Geisel, die lebend aus einem Tunnel geholt wurde.
Laut Israels Militär war er während der Rettung unbewacht. Weshalb blieb ebenso unklar wie die Frage, ob weitere Geiseln in dem Tunnel, den das Militär als «komplexes unterirdisches System» beschrieb, festgehalten werden. Die israelische Zeitung «Haaretz» berichtete unter Berufung auf das Militär, Alkadi habe die israelischen Kräfte während des Einsatzes gehört und ihnen zugerufen.
Das Forum der Geiselfamilien begrüsste die Befreiungsaktion und teilte mit, der 52-Jährige habe als Wachmann im Kibbuz Magen an der Grenze zum Gazastreifen gearbeitet. Er sei insgesamt 326 Tage in Geiselhaft gewesen.
Seine Heimkehr sei «nicht weniger als ein Wunder». Gleichzeitig betonten die Angehörigen, Militäreinsätze allein könnten die verbliebenen Geiseln nicht befreien. Eine Vereinbarung über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg sei «der einzige Weg nach vorne».
Sie riefen die internationale Gemeinschaft dazu auf, Druck auf die Hamas auszuüben, damit diese einer Vereinbarung zustimmt und alle Geiseln freilässt. «Jeder Tag in Gefangenschaft ist einer zu viel. Die verbliebenen Geiseln können es sich nicht leisten, auf ein weiteres Wunder zu warten.»
Angehörige des Befreiten überglücklich
Zahlreiche Angehörige eilten in das Krankenhaus, um ihren Verwandten zu begrüssen. Einer der Verwandten des Befreiten sagte der israelischen Zeitung «Haaretz», die Familie könne kaum glauben, dass er nun heimgekehrt sei. «Fast zwölf Monate lang haben wir gewartet», sagte er. «Wir sind sehr aufgeregt, ihn zu sehen und in die Arme zu schliessen.»
Der israelische Kan-Sender teilte mit, der 52-Jährige sei einer von insgesamt sechs Beduinen, die am 7. Oktober von der Hamas entführt worden waren. Die Beduinen gehören zur arabischen Minderheit in Israel, die häufig mit Diskriminierung zu kämpfen hat. Ein Teil von ihnen dient in der israelischen Armee. Die Zahl der Beduinen wird landesweit auf rund 250.000 geschätzt. Viele von ihnen leben in der Negev-Wüste im Süden Israels. Ein Verwandter sagte der Nachrichtenseite ynet nach der Befreiungsaktion: «Der ganze Negev feiert!»
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu telefonierte nach Angaben seines Büros mit dem Geretteten. Seine Befreiung berühre das gesamte israelische Volk, sagte Netanjahu in dem Gespräch demnach.
Auch der israelische Staatspräsident Izchak Herzog sprach nach Angaben seines Büros mit dem Geretteten. Dieser rief Herzog demnach eindringlich dazu auf, alles in seiner Macht Stehende für die Freilassung der übrigen Entführten zu unternehmen. «Tun Sie alles, was Sie können, um die Menschen nach Hause zu bringen. Arbeiten Sie 24 Stunden am Tag und schlafen Sie nicht, bis sie zurückkommen», sagte Alkadi. «Die Menschen leiden sehr, das können Sie sich nicht vorstellen.» Alkadi sagte in dem Gespräch mit Herzog, er habe plötzlich jemanden vor der Tür Hebräisch sprechen gehört. «Ich konnte es nicht glauben.»
Zuletzt konnten im Juni Geiseln befreit werden
«Die israelischen Sicherheitskräfte werden weiterhin mit allen Mitteln daran arbeiten, die Geiseln heimzubringen», hiess es in der Mitteilung der Armee. Es ist die achte Geisel, die lebend von dem Militär befreit werden konnte.
Zuletzt waren im Juni die junge Frau Noa Argamani und drei weitere Geiseln in einem dramatischen Militäreinsatz gerettet worden. Laut Armee kam es dabei zu heftigen Gefechten mit bewaffneten Palästinensern. Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde wurden damals 274 Palästinenser getötet.
Noch 108 Geiseln laut Israel im Gazastreifen
Die Hamas hat jetzt nach israelischer Zählung noch 108 Geiseln in ihrer Gewalt. Mindestens ein Drittel davon gilt als tot. Insgesamt verschleppten palästinensische Terroristen am 7. Oktober vergangenen Jahres mehr als 250 Menschen aus Israel in das Küstengebiet. Rund 1.200 Menschen wurden bei dem beispiellosen Terroranschlag getötet.
Israels Armee reagierte mit verheerenden Angriffen in Gaza, bei denen nach palästinensischen Angaben mehr als 40.400 Menschen getötet wurden. Die von der Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde unterscheidet bei diesen Opferzahlen nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten.
Die indirekten Gespräche zwischen Israel und der Hamas über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg, bei denen Katar sowie Ägypten und die USA vermitteln, treten seit Monaten auf der Stelle. Den letzten Erfolg gab es im November, als bei einer kurzen Waffenruhe mehr als 100 Geiseln aus Gewalt der Hamas freikamen.