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Anwältin bezweifelt Glaubwürdigkeit des Opfers vor Zürcher Gericht

Prozess

Anwältin bezweifelt Glaubwürdigkeit des Opfers vor Zürcher Gericht

13. Juli 2023, 12:52 Uhr
Ein Ehepaar soll im Kanton Zürich ein Kindermädchen ausgebeutet und schikaniert haben. Die beiden Beschuldigten stehen am Donnerstag vor dem Zürcher Obergericht. (Symbolbild)
© KEYSTONE/ENNIO LEANZA
Vor dem Obergericht des Kantons Zürich hat die Anwältin des beschuldigten Mannes die Glaubwürdigkeit der Privatklägerin in Zweifel gezogen. Die Vorwürfe gegen ihren Mandanten seien nicht haltbar. Der Verteidiger der beschuldigen Frau kommt später zu Wort.

Die Anklage wirft dem Ehepaar aus Südosteuropa Menschenhandel Wucher, Drohung und weitere Delikte vor. Den Mann klagt sie zudem der sexuellen Nötigung an. Die Staatsanwältin forderte vor Obergericht eine Freiheitsstrafe von 45 Monaten und eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu 30 Franken für den nicht vorbestraften Mann. Die Anträge bezüglich der Frau folgen separat.

Die aus dem gleichen Kulturkreis wie die Beschuldigten stammende Privatklägerin war zwischen November 2015 und Juni 2016 als Kindermädchen im Haushalt des Paars illegal angestellt. Sie hatte keine Arbeitserlaubnis für die Schweiz. Die Beschuldigten hätten bewusst die Notlage der jungen Frau ausgenutzt, hätten sie schikaniert und sie mit Drohungen eingeschüchtert, so die Anklage.

«Voraussetzungen für Menschenhandel nicht erfüllt»

Die Verteidigerin des Mannes konzentrierte sich am Donnerstagvormittag darauf, die Glaubwürdigkeit der jungen Frau zu erschüttern, auf deren Aussagen sich die Anklage zentral stützt. Sie habe in ihrer Heimat «ihr Auskommen gehabt», sei nicht in Not gewesen, habe allerdings mehr verdienen wollen, was durchaus verständlich sei.

Eine Notlage, besondere Verletzlichkeit oder Hilflosigkeit habe nicht vorgelegen, sagte die Verteidigerin. Dies wäre aber Voraussetzung für eine Verurteilung wegen Menschenhandels.

Die junge Frau hätte andere Arbeitsmöglichkeiten gehabt, habe schon vorher in der Schweiz gearbeitet. Zudem hätte sie jederzeit die Familie verlassen können. Kurz nachdem sie nach drei Monaten aus der Schweiz ausgereist sei, sei sie freiwillig zu der Familie zurück gekehrt.

Das Bezirksgericht Winterthur hatte im Juni 2021 das Paar unter anderem des Menschenhandel, des Wuchers und der Drohung schuldig gesprochen, den Mann zudem der sexuellen Nötigung. Es verurteilte den Mann zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 36 Monaten, die Frau zu bedingten 22 Monaten.

Quelle: sda
veröffentlicht: 13. Juli 2023 10:40
aktualisiert: 13. Juli 2023 12:52
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