Ukraine unter Druck - Nato-Chef fordert mehr Hilfe
«Wir müssen mehr tun, als nur die Ukraine im Kampf zu halten. Wir müssen die Kosten für (den russischen Präsidenten Wladimir) Putin und seine autoritären Freunde in die Höhe treiben, indem wir der Ukraine die Unterstützung zukommen lassen, die sie braucht, um den Verlauf des Konflikts zu ändern», sagte Rutte kurz vor einem Treffen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Paris.
US-Aussenminister Antony Blinken will heute in Brüssel mit EU- und Nato-Vertretern die weitere Unterstützung für die Ukraine erörtern. Die Ukraine will vor dem Machtwechsel in den USA nach Donald Trumps Sieg bei der Präsidentenwahl die bisherigen Hilfszusagen Washingtons für ihre Streitkräfte noch voll abschöpfen.
Russland führt seit mehr als zweieinhalb Jahren eine grossangelegte Invasion gegen die Ukraine. Angesichts von Trumps Ankündigungen, den Krieg rasch beenden zu wollen, zeigte sich Moskau zuletzt offen für Gespräche. In der Ukraine und bei den westlichen Verbündeten sind die Befürchtungen gross, dass Trump die Militärhilfe für Kiew einstellen könnte.
Rutte: «Wir müssen zusammenstehen»
Rutte sagte weiter, die westlichen Partner müssten sich erneut dazu verpflichten, den Kurs langfristig beizubehalten. Es sei wichtig, die Unterstützung fortzusetzen, während sich die Ukrainer auf den möglicherweise härtesten Winter seit 2022 vorbereiteten.
Nach dem Treffen mit Macron sagte Rutte, Russland setze nicht nur seinen Angriff auf die Ukraine fort, sondern rücke gleichzeitig immer näher an seine Verbündeten China, Iran und Nordkorea heran. «Wir müssen also zusammenstehen - Europa, Nordamerika und unsere globalen Partner -, um die Sicherheit und den Wohlstand unserer Bevölkerung zu gewährleisten», sagte Rutte. «Je mehr wir für die Verteidigung ausgeben, desto mehr verringern wir das Risiko künftiger Konflikte.» Der frühere niederländische Ministerpräsident hatte das Amt des Nato-Generalsekretärs am 1. Oktober übernommen.
USA: Tausende nordkoreanische Soldaten an Kampfhandlungen beteiligt
Tausende nordkoreanische Soldaten sind nach US-Angaben bei den Kämpfen in der russischen Grenzregion Kursk gegen ukrainische Soldaten im Einsatz. Die meisten der mehr als 10.000 in den Osten Russlands geschickten Nordkoreaner seien in das Gebiet Kursk geschickt worden, wo sie begonnen hätten, «gemeinsam mit den russischen Streitkräften in Kampfhandlungen einzutreten», sagte Aussenamtssprecher Vedant Patel in Washington.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte bereits vor einigen Tagen gesagt, dass einige der 11.000 nordkoreanischen Soldaten im russischen Grenzgebiet Kursk in Kämpfe mit der ukrainischen Armee verwickelt seien. Die Ukraine bindet durch den Vorstoss ihrer Truppen nach Angaben Selenskyjs rund 50.000 russische Soldaten im dortigen Frontgebiet. Diese könnten nicht an anderen Frontstellungen der Russen auf ukrainischem Gebiet eingesetzt werden.
Ukraine ringt um neue Hilfen
Derweil ringt die Ukraine um weitere Militärhilfe ihrer Verbündeten. Verteidigungsminister Rustem Umjerow teilte im Kurznachrichtendienst X mit, er habe mit seinem US-Kollegen Lloyd Austin weitere Schritte zur Stärkung der ukrainischen Streitkräfte besprochen. Es gehe darum, dass die Soldaten alles bekämen, was sie bis zum Ende des Jahres bräuchten. Details nannte er nicht.
Laut Austins Ministerium erörterten die beiden Politiker auch den Eintritt nordkoreanischer Soldaten in den Kampf gegen die Ukraine. Dies stelle «eine erhebliche Eskalation des unprovozierten russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine» dar, hiess es. Austin habe die Zusage des scheidenden US-Präsidenten Joe Biden bekräftigt, die Hilfen für die Ukraine aufzustocken.
Der ukrainische Aussenminister Andrij Sybiha traf sich mit der designierten EU-Aussenbeauftragten Kaja Kallas in Brüssel, um mit ihr über die Lage an der Front, die dringendsten Verteidigungsbedürfnisse seines Landes und über die Folgen der US-Präsidentenwahl zu sprechen. Er sei überzeugt, dass die EU der Ukraine weiter starke Unterstützung leisten werde, sagte Sybiha.
Weil im Osten der Ukraine die russischen Truppen immer neue Ortschaften erobern und die ukrainischen Truppen zum Rückzug drängen, fordert die Führung in Kiew dringend mehr und weitreichende Waffen und eine insgesamt entschlossenere Hilfe. Die Militärführung in Kiew hatte die Lage im Donbass - im Osten der Ukraine - zuletzt als besonders schwierig bezeichnet.
Selenskyj spricht mit Trudeau und erlässt Sanktionen
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dankte nach eigenen Angaben dem kanadischen Regierungschef Justin Trudeau bei einem Telefonat für die Unterstützung seines «Siegesplans», der auch die Einladung zur Nato-Mitgliedschaft und die Erlaubnis zum Einsatz weitreichender Waffen gegen Ziele im russischen Hinterland beinhaltet. Er habe mit Trudeau auch vor dem G20-Gipfel, der kommende Woche in Rio de Janeiro stattfindet, die weiteren Schritte der Unterstützung abgesprochen. Details nannte er nicht.
Selenskyj erliess ausserdem Dekrete zu neuen Sanktionen gegen russische Unternehmen und Personen, die für den Aggressor Moskau arbeiteten. Die Ukraine werde sich nun dafür einsetzen, dass diese Strafmassnahmen mit denen der Verbündeten in Einklang gebracht würden – darunter auch Sanktionen, die gegen die russische Luftfahrtinfrastruktur gerichtet seien, sagte der Präsident.
In seiner abendlichen Videobotschaft informierte Selenskyj auch darüber, dass es Soldaten in der Ukraine künftig leichter haben sollen, ihren Einsatzort zu wechseln. Es gebe viele Verteidiger, die innerhalb der ukrainischen Streitkräfte versetzt werden wollten, sagte Selenskyj. Für sie gebe es unbürokratische Lösungen. Das Verteidigungsministerium sei zuständig, das neue System nun einzuführen.